Ausnahmen vom deutschen Mindestlohn gibt es auch jetzt schon. So dürfen Arbeitgeber die Lohnuntergrenze von 8,50 Euro pro Stunde unterschreiten, wenn sie Saisonarbeiter, Zeitungszusteller, Praktikanten oder auch Langzeitarbeitslose beschäftigen. Angesichts der hohen Zahl von Flüchtlingen wird in Deutschland immer wieder der Ruf laut, auch für Flüchtlinge Ausnahmen zu schaffen, um sie besser auf dem Arbeitsmarkt unterzubringen.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer will Flüchtlinge zwar nicht generell vom Mindestlohn ausschließen. "Bei der Bezahlung darf die Herkunft der Menschen keine Rolle spielen", sagt er, fordert aber, dass für Flüchtlinge jene Sonderregeln angewandt werden, die auch für Langzeitarbeitslose in Deutschland gelten. Diese dürfen in den ersten sechs Monaten auch weniger als 8,50 Euro pro Stunde ausbezahlt bekommen.

Zudem schlägt Kramer vor, diese Frist für Ausnahmen von sechs auf zwölf Monate zu verlängern. Dies ist auch eine Empfehlung der sogenannten Wirtschaftsweisen, die die deutsche Bundesregierung in ökonomischen Fragen beraten. "Eine zügige Arbeitsmarktintegration wird durch regulatorische Hürden erschwert. Der Mindestlohn könnte sich dabei als besonders hinderlich erweisen", schreiben sie in ihrem Jahresgutachten vom Herbst 2015.

Schnelle Integration

Bestätigt sehen sich die Arbeitgeber durch den Internationalen Währungsfonds (IWF), der gerade ebenfalls zu Ausnahmen beim deutschen Mindestlohn geraten hat. Denn: "Eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt ist auch der Schlüssel, um die staatlichen Ausgaben zu reduzieren, die mit dem Anstieg an Asylsuchenden einhergehen."

Doch bei der deutschen Regierung stoßen die Forderungen auf taube Ohren. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), die jahrelang für den Mindestlohn gekämpft und dieses Prestigeprojekt der Sozialdemokraten schließlich umgesetzt hat, lehnt Ausnahmen ab. Sie fürchtet, dass jegliche Aufweichung dem Lohndumping Tür und Tor öffnen würde. "Der Mindestlohn hängt nicht davon ab, welche Staatsangehörigkeit jemand hat", sagt eine Sprecherin des Arbeitsministeriums zur Forderung des IWF.

In Deutschland dürfen anerkannte Asylbewerber grundsätzlich uneingeschränkt arbeiten und auch einer selbständigen Tätigkeit nachgehen. Ist das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen, dann bekommen die Betroffenen eine Aufenthaltsgestattung und dürfen unter bestimmten Bedingungen einen Job annehmen.

Sie müssen zunächst die Genehmigung bei ihrer Ausländerbehörde und der zuständigen Arbeitsagentur einholen. Erst nach vierjährigem Aufenthalt ist die Zustimmung der Arbeitsagentur nicht mehr erforderlich. (Birgit Baumann aus Berlin, 28.1.2016)