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Laurent Gbagbo vor Gericht.

Foto: REUTERS/Peter Dejong/Pool

Den Haag/Abidjan – In Den Haag hat der mit Spannung erwartete Prozess gegen den ehemaligen Staatschef der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, begonnen. Der 70-Jährige plädierte am Donnerstag nach Verlesung der Anklageschrift auf nicht schuldig. Ihm werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des blutigen Machtkampfs nach der umstrittenen Präsidentenwahl 2010 vorgeworfen.

"Ich plädiere auf unschuldig", sagte Gbagbo. Auch sein ebenfalls angeklagter ehemaliger Jugendminister und Milizenchef Charles Ble Goude erklärte sich für unschuldig. Ihnen werden unter anderem Mord, Vergewaltigung und die Verfolgung ihrer Gegner vorgeworfen. Gbagbo erschien lächelnd und entspannt im blauen Anzug zu der Gerichtssitzung.

Chefanklägerin Fatou Bensouda sagte, die Anklage habe "eine große Zahl an Beweisen gegen die beiden Angeklagten" zusammengetragen. "Die Elfenbeinküste versank in Chaos und war Schauplatz unsagbarer Gewalt", die teilweise von Gbagbo orchestriert worden sei. Der damalige Präsident habe "vorgehabt, unter Einsatz aller Mittel an der Macht zu bleiben", sagte Bensouda. Er habe "Gewalt als Politik mit anderen Mitteln" betrachtet.

Der Vorsitzende Richter Cuno Tarfusser warnte vor einer "politischen Instrumentalisierung" des Prozesses durch die Parteien in der Elfenbeinküste, wo die Erinnerung an den Konflikt 2010 noch immer die Bevölkerung spaltet. "Dies ist kein Prozess gegen die Elfenbeinküste oder das ivorische Volk, sondern gegen zwei physische Personen", sagte Tarfusser und hob die "Unabhängigkeit" des Gerichts hervor.

Unterstützer vor dem Gericht

Vor dem Gerichtsgebäude in Den Haag fanden sich hunderte Unterstützer von Gbagbo und Goude aus der großen ivorischen Diaspora ein. Sie hatten Trommeln und Fahnen dabei und forderten in Sprechchören die Freilassung der beiden Angeklagten. Gbagbo befindet sich seit November 2011 im Gewahrsam des Haager Gerichts. Goude war im Jänner2013 in Ghana festgenommen und anschließend ausgeliefert worden.

Beim ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl im Oktober 2010 war Gbagbo mit gut 38 Prozent der Stimmen und fast sechs Prozentpunkten Vorsprung vor dem heutigen Staatschef Alassane Ouattara auf dem ersten Platz gelandet. In der Stichwahl Ende November 2010 kam Ouattara amtlichen Angaben zufolge auf gut 54 Prozent, Gbagbo auf knapp 46 Prozent. Ouattara wurde von der EU und den USA als Sieger anerkannt, doch erklärten Gefolgsleute von Gbagbo das Ergebnis wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten für ungültig.

Blutige Auseinandersetzung

Der Streit ums Wahlergebnis führte rasch zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern beider Seiten. Dabei wurden bis Mai 2011 mehr als 3.000 Menschen getötet.

"Als er verstand, dass ihm die Präsidentschaft entgleiten würde, begann er eine Kampagne der Gewalt", sagte Bensouda. Obwohl Gbagbo dazu in der Lage gewesen wäre, habe er die Gewalt nicht beendet. Gbagbo hielt sich noch monatelang im Präsidentenamt, obwohl Ouattaras Kämpfer in der Endphase sowohl von Truppen der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich als auch von UN-Soldaten unterstützt wurden.

Gbagbos Anhänger werfen Paris vor, seinen Sturz orchestriert zu haben. Sie beschuldigen den IStGH der Parteilichkeit, weil er nicht gegen das Lager von Ouattara ermittelt, der im Oktober erneut im Amt bestätigt wurde. Auch Menschenrechtsgruppen beschuldigen beide Lager gleichermaßen, während der blutigen Auseinandersetzungen Verbrechen verübt zu haben. Bensouda sagte dazu, sie ermittle durchaus gegen beide Seiten, doch brauche dies Zeit. (APA, 28.1.2016)