Nguyen Phu Trong behält für fünf Jahre die Zügel in der Hand.

Foto: APA / AFP / Kham

Hanoi / Phnom Penh – Die Erwartungen waren hoch, und umso erstaunlicher ist es nun für viele, dass in Vietnam wohl auch die nächsten fünf Jahre alles beim Alten bleiben wird. Nguyen Phu Trong, mit 71 Jahren eigentlich über dem parteiinternen Alterslimit, wird die KP weitere fünf Jahre anführen. Dass es letztlich so wenig Bewegung gab, steht im Gegensatz zu den für vietnamesische Verhältnisse offenen Machtkampf um die Führungsposition, den die Partei im Vorfeld des Treffens ausgetragen hatte.

Schärfster Widersacher Trongs war der bisherige Premier Nguyen Tan Dung, der den eher reformorientierten Parteiflügel führt. Er gilt als proamerikanisch und hat enge Kontakte zu den Wirtschaftseliten des Landes. Allerdings hat sich während seiner zwei Amtszeiten die Korruption verstärkt und auch die Probleme mit Krediten, vor allem der staatseigenen Betriebe, sind nicht immer angegangen worden. Als Premier musste er nach den maximal möglichen zwei Amtszeiten abtreten.

Knackpunkt Meeresgebiet

Trong hingegen gehört zur alten Garde. Im Gegensatz zu Dung ist er China gegenüber deutlich aufgeschlossener. Er gilt als entschiedener Verfechter der Einparteienherrschaft. Dennoch gehen Beobachter nicht von einem radikalen Kurswechsel aus, weder ökonomisch noch politisch.

"Trong wird zwar als prochinesisch betrachtet, aber er wird die Annäherung an die USA eher nicht behindern, insbesondere mit Blick auf die militärischen und wirtschaftlichen Beziehungen", so Nguyen Khac Giang, Wissenschafter am vietnamesischen Institut für ökonomische und politische Forschung in Hanoi.

Grund ist auch der lange Streit um Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer. Der gigantische Nachbar hatte zuletzt immer wieder seine Muskeln spielen lassen und andere Anrainerstaaten vor vollendete Tatsachen gestellt.

Volkes Zorn als Moderator

Nachdem China im Jahr 2014 eine Bohrinsel in den Gewässern installierte, kam es in Vietnam zu schweren antichinesischen Ausschreitungen. "Vietnam wird seine Position im Streit um das Südchinesische Meer schon deshalb nicht ändern, weil jeder nachgiebigere Ansatz Ärger der breiten Öffentlichkeit entfachen würde."

Auch Rajiv Biswas, Chefvolkswirt für Asien-Pazifik bei IHS Global Insight in Singapur, rechnet mit einer fortgesetzten Annäherung an die USA: "Trong wird die Notwendigkeit anerkennen müssen, die Beziehungen zu vertiefen, um die steigende wirtschaftliche und politische Dominanz Chinas in Ostasien auszubalancieren."

Weniger Pressefreiheit

Die wirtschaftliche Reformfreude dürfte unter dem neuen starken Mann hingegen nachlassen. Biswas erwartet einen "vorsichtigeren und langwierigeren" Ansatz zu Reformen. Angesichts der Freihandelsabkommen mit der EU und im Rahmen der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) ergebe sich aber auch ein Reformdruck.

Innenpolitisch könnte den 90 Millionen Vietnamesen eine steifere Brise ins Gesicht wehen. "Der Großteil der neuen Politbüro-Mitglieder entstammt dem konservativen Parteiflügel", so Giang. "Daher ist kaum zu erwarten, dass sich nun eine offenere Zivilgesellschaft entfalten kann." Auch zur Pressefreiheit könnte eine härtere Gangart einschlagen werden. (Christian Vits, 28.1.2016)