Akademikerball 2016: The same procedure as every year. Wieder in der Wiener Hofburg. Wieder gibt es Demos dagegen. Es kommt glücklicherweise zu keinen gröberen Ausschreitungen. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sieht sich und die seinen einmal mehr in der Opferrolle und meint, die Gegner des Balls seien "undemokratisch, wollen es Andersdenkenden nicht zugestehen, einen ganz normalen Ball feiern zu dürfen."
Self-Fulfilling-Proteste
Ein ganz normaler Ball? Auf den ersten Blick mit Ausnahme der Kostümierungen und Schmisse im Gesicht vielleicht schon, weil es in Österreich tatsächlich tausende Parteibälle gibt. Auf den zweiten Blick nein. Dass etwa Vertreter der nicht nur in Deutschland sehr umstrittenen rechten bis rechtsextremen Pegida-Bewegung in den Prunkräumen mit der FPÖ champagnisieren und rechtswalzern, weil sie sich "vernetzen" wollen, ist schon einzigartig, und man braucht sich als Veranstalter nicht wundern, dass dagegen demonstriert wird. Was wäre der Akademikerball auch ohne Proteste? Straches Eröffnungsrede hätte keine Pointen, den Burschenschaftern würde der Gesprächsstoff fehlen, den selbsternannten Opfern fehlten die Texte für ihre Rollen.
Jedenfalls: Der FPÖ liegt viel daran, diese Veranstaltung weiterhin in der Hofburg abzuhalten. Wenn dies auch 2017 wieder der Fall sein sollte, dann wird es wieder Demos dagegen geben. Es wird wieder einen massiven Polizeieinsatz geben. Es wird wieder die halbe Innenstadt abgesperrt werden und unschuldigen Wirte und Geschäfte werden Einkommenseinbußen hinnehmen müssen. Aber wer ist eigentlich für diese Kosten verantwortlich? Die FPÖ, weil sie nicht aufhören will, den Ball dort zu veranstalten oder die Demonstranten, weil sie nicht aufhören wollen dagegen zu protestieren? Ein Henne-Ei-Problem, wobei Erstere wohl der Veranstalter ist.
Der Veranstalter bestimmt den Veranstaltungsort
Bei "ganz normalen" Bällen ist immer der Veranstalter für die Auswahl der Location zuständig. Wenn sich dieser einen exklusiven Raum im Stadtzentrum aussucht, der aus irgendwelchen Gründen auch für erhebliche Begleitkosten sorgt, dann überlegt er bei normalen Bällen, ob diese Kosten und die Einschränkungen der Bürger der Stadt angebracht sind.
Zurückkommend auf den Akadamikerball zeigt schon die Mengenlehre, dass allein die vom Steuerzahler zu berappenden Zusatzkosten von bis zu 1,5 Millionen Euro (die Polizeikosten für 2015, die heurigen sind noch nicht bekannt) für eine Veranstaltung von rund 1.000 Menschen viel zu hoch sind. Die paar Nächtigungen der Ballgäste machen auch nicht die durch die Platzsperren entstandenen Verluste für die Gewerbetreibenden (2015 war von 50 Prozent Umsatzeinbußen die Rede) wett. An einer anderen Adresse wie etwa der Pyramide in Vösendorf würden zumindest nicht die Wiener Innenstadt-Lokale, die Bürger und Touristen unschuldig zum Handkuss kommen, es gibt genug Platz für Demos, der Aufwand für die Polizei wäre mit Sicherheit ein geringerer.
Wenn die FPÖ Wien auf der Innenstadt-Location beharrt, dann sollte sie sich als Veranstalter auch mit dem durch den Akadamikerball enstehenden Mehraufwand beschäftigen. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Entschädigung für die Einnahmerückgänge der Geschäftstreibenden? Die FPÖ Wien ist die Henne, die der Stadt jedes Jahr ein unnötig teures Ei legt. Es wird Zeit für eine billigere Alternative. (Rainer Schüller, 30.1.2016)