Wien – Das neue Jahr hat mit der Registrierkassenpflicht, Belegkontrolle, Erweiterung der Register und der Aufzeichnungsvorschriften einen weiteren Regulierungs- und Abgabenschub gebracht. Die Pflicht, eine Registrierkasse zu führen und nach italienischem Vorbild für jeden Umsatz Belege auszustellen, sind wirtschaftlich-bürokratische Einschränkungen, die nicht nur viel Unmut auslösen, sondern auch rechtlich umstritten sind.

Abgesehen von der Umweltbelastung durch Belege fragt es sich, ob das Interesse an höheren Steuereinnahmen mit dem Aufwand der Betroffenen – etwa allein arbeitender Gewerbetreibender wie Friseure, Würstelstandbetreiber und Taxifahrer – im Einklang steht. Diese Neuregelung könnte Gegenstand der Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof werden. Der Zugang zum Höchstgericht steht nach Entscheidung des zuständigen Landesverwaltungs- oder des Bundesfinanzgerichts offen. Denkbar ist auch der neue Rechtsbehelf von Individual- oder Parteienanträgen.

Grundrechtlich betrachtet handelt es sich bei den hier behandelten Regeln um Ausübungsschranken, die der VfGH-Kontrolle unterliegen. Sowohl Antritts- als auch Ausübungsregeln in- und außerhalb der GewO können am Maßstab des Grundrechts auf Erwerbsfreiheit (Art 6 StGG) gemessen werden. Antrittsschranken, die vor Beginn einer Erwerbstätigkeit stehen, unterliegen einem besonders strengen Maßstab der Kontrolle.

Zuletzt standen die Antrittsregeln der Berufsfotografen auf dem Prüfstand der Höchstrichter. Mit dem Erkenntnis VfSlg 19.814/2013 hob der VfGH die Voraussetzung eines Befähigungsnachweises für das "reglementierte" Gewerbe der Fotografen als verfassungswidrig auf. Gleichwohl haben sich die Qualitätsstandards seither nicht verschlechtert. Da es für den Konsumenten aber von Bedeutung ist, dass er von einem hinreichend geschulten Fotografen betreut wird, berufen sich Profifotografen auf Meisterprüfung und auf Zertifizierungen. Auf diese Art erreichen sie nach deutschem Vorbild eine verbesserte Stellung im Wettbewerb, ohne dass der Gewerbezugang reglementiert ist.

Hinsichtlich der Registrierkassenpflicht, die im Steuerrecht verortet ist und eine Ausübungsschranke darstellt, kann der VfGH nachprüfen, ob es das öffentliche Interesse an einer lückenlosen Abgabeneinhebung rechtfertigt, dass – abgesehen von Cold-Hands-Betrieben – nunmehr für jeden Zahlungsvorgang ein registrierter Beleg ausgestellt werden muss. Bloße Verwaltungsökonomie (Datenlisten statt vom Gewerbetreibenden eingereichten Umsatzzahlen) rechtfertigt laut langjähriger Judikatur allein keine Eingriffe in das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit. (Gerhard Strejcek, 1.2.2016)