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Riyad Hijab

Foto: REUTERS/Majed Jaber/Files

Als der Aufstand im Jahr 2012 langsam große Teile Syriens ergriff – zuvor waren es eher punktuelle Unruhen gewesen -, gab kaum jemand Bashar al-Assad große Chancen, den nächsten Jahreswechsel noch als Präsident zu erleben: auch nicht Assads Premierminister Riyad Farid Hijab, der sich am 6. August 2012 von Damaskus nach Amman absetzte.

Die USA sprachen damals vom "zerbröckelnden" Assad-Regime, Hijab selbst berichtete von der rapiden "moralischen, finanziellen und militärischen" Korrosion des Systems. Als der damals – aber auch noch bis heute – höchstrangige Überläufer genoss er in der ersten Zeit Aufmerksamkeit; später, als der angekündigte Zusammenbruch des Regimes nicht stattfand, wurde es eher still um ihn.

Heute ist Hijab Chef der offiziellen Vertretung der syrischen Opposition, des HNC (Hohes Verhandlungskomitee), bei den Syrien-Gesprächen in Genf, auch wenn er am Wochenende selbst noch nicht dort weilte. Er gilt als Kompromisskandidat, verfügt persönlich über keine große Hausmacht, kommt aber aus einem wichtigen sunnitischen Stammesgebiet.

Als Riyad Hijab, geboren 1966 in der vom "Islamischen Staat" heimgesuchten ostsyrischen Stadt Deir ez-Zor, dem Regime den Rücken kehrte, hatte er eine solide Staatskarriere hinter sich. Schon als Student schloss er sich der Baath-Partei an, deren Chef er später in seiner Heimatstadt war. 2008 wurde er Gouverneur von Quneitra am Golan, 2011 von Latakiya – der alawitischen Hochburg, wo Assad niemanden hingesetzt hätte, dem er nicht voll vertraute. Im April desselben Jahres wurde der promovierte Agrarwirt als Landwirtschaftsminister berufen, weil sein Vorgänger zum Premier aufstieg.

Als Hijab im Juni 2012 von Assad zum Regierungschef gemacht wurde, beschrieben ihn westliche Medien als zuverlässiges Partei- und Regimemitglied – was wohl auch Assad glaubte. Zweifel, ob er auf der richtigen Seite stehe, muss der Sunnit damals längst gehabt haben: Zwei Monate später floh er nach Jordanien.

Bevor er sich in Amman zu Wort meldete und nach Katar, einem der Sponsoren des Aufstands in Syrien, weiterreiste, hatte die syrische Führung bereits bekanntgegeben, dass Hijab "entlassen" sei. Später faselte Assad etwas von "Selbstreinigung" der Führung. Zeitweise wurde über hohe Summen spekuliert, die syrischen Regimemitgliedern fürs Überlaufen geboten wurden: Es ist eben auch ein Propagandakrieg. (Gudrun Harrer, 1.2.2016)