Die "Vorstadtweiber" Martina Ebm (Caroline Melzer), Gerti Drassl (Maria Schneider), Nina Proll (Nicoletta Huber), Maria Köstlinger (Waltraud Steinberg), Adina Vetter (Sabine Herold).

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Wien – Seit Jahren zeichnet Uli Bree als Drehbuchautor für Film- und Serienerfolge verantwortlich. Der wirkliche Durchbruch kam dann im Vorjahr: Seine "Vorstadtweiber" haben nicht nur in Österreich eingeschlagen. Ab 14. März sind Brees intrigante Damen aus den noblen Bezirken im ORF wieder im Einsatz.

Wie sind Sie an die zweite Staffel herangegangen? Hat der Hype um die Serie Auswirkungen gehabt?

Uli Bree: Ja. Ich habe die ersten fünf Bücher für die zweite Staffel zur Präsentation der ersten schon gehabt. Dann war ich in der Situation, dass die ganzen Publikumsreaktionen kamen – das hat man natürlich analysiert, worauf die reagieren. Also habe ich die fünf Bücher noch mal aufgemacht und komplett überarbeitet. Weil die zu handlungsbezogen waren. Du brauchst nicht so viel Handlung, du brauchst menschliche Befindlichkeiten. Jeder Täter ist ein Opfer. Und Muster brechen: Wenn es eine Erwartungshaltung gibt, dann drehe ich die Geschichte wieder woanders hin. Und ich lass Arschlöcher plötzlich menscheln. Da sagt dann ein Arschloch, dass es ein Arschloch ist.

Haben Sie damit gerechnet, dass die Serie so einschlägt?

Bree: Nein. Ich war in Indien Motorradfahren, als das im Jänner des Vorjahres rauskam. Dann komme ich zurück, nichts ahnend, und überall war etwas: im Radio, Plakate, in den Zeitungen. Ich habe überhaupt nicht gecheckt, was jetzt Sache ist, habe es nicht überrissen. Da war ich schon perplex von diesem Hype. Seitdem hat sich auch die Wahrnehmung meiner Person und des Autoren total geändert. Sonst kommst du ja als Autor gar nicht vor. Du denkst dir alles aus, erfindest die ganze Geschichte – und du kommst nicht vor! Jetzt mit "Vorstadtweiber" bist du auf einmal in "Woman", und es werden Homestorys gemacht. Man will offenbar wissen, wer dieser Typ ist, der sich diese kranken Geschichten ausdenkt.

Denken Sie sich da: Warum erst jetzt diese Aufmerksamkeit?

Bree: Nein. Ich habe immer total darum gekämpft, dass Autoren wahrgenommen werden. Ich habe oft erlebt, dass es eine Präsentation eines Films gibt und ich nicht mal eingeladen war. Und das interessante Phänomen ist: Ich habe so lange darum gekämpft, und jetzt werde zwar ich wahrgenommen – aber mein Kompagnon Rupert Henning, den ich als Autor total schätze, schreibt "Kleine große Stimme"; und ich lese einen großen Artikel in der Zeitung, ohne dass er irgendwo vorkommt.

Bei mir hat sich das total geändert, aber nur bei meiner Person. In Amerika hat sich erst viel geändert, als die Autoren gestreikt haben. Die sagten: "Ohne uns gibt es keine Geschichten." Da sind jetzt die Autoren wichtiger als die Regisseure. Die sollen das nur so umsetzen, dass es einen Look hat. Bei "Vorstadtweiber" ist es auch so, da ist die Wahrnehmung meiner Person plötzlich viel dominanter. Aber ich glaube, einfach weil die Geschichten so durchgeknallt sind. Man kommt nicht daran vorbei.

Apropos durchgeknallt: Sie haben in der ersten Staffel auch mit Vorliebe Tabus gebrochen. Bedeutet das jetzt, dass Sie das in den neuen Folgen übertrumpfen müssen?

Bree: Nein, da gehen wir eher in die Tiefe der Figuren. Die Handlung ist eher entschlackt. Natürlich arbeitet das irgendwo hin, aber ich beschäftige mich mehr mit den Figuren, mit ihrer Emotionalität und ihren Befindlichkeiten. Das war auch eine Erfahrung aus der ersten Staffel. Jetzt bin ich in Gedanken schon in der dritten und muss darüber nachdenken, was in der zweiten überhaupt passiert. (lacht)

Wie schwierig ist es, angesichts der verschiedenen Verstrickungen alle Bälle in der Luft zu behalten?

Bree: Ich schöpfe viel Erfahrung aus meinem eigenen Leben. Und anstatt in die Therapie zu gehen, schreibe ich halt Drehbücher. (lacht)

Wie ist der Stand bei der dritten Staffel aktuell?

Bree: Ich habe dafür der Kathi (ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner, Anm.) ein Plotgerüst abgeliefert, ein sehr umfangreiches. Das lesen die jetzt durch, weil ich möchte, dass sozusagen die Verantwortlichen ihre Ezzes geben können. Aber dann mache ich die Tür zu, und sie kriegen erst wieder die Bücher. Bis dahin rede ich mit niemandem.

Haben Sie einen Zeitplan im Kopf, auch was ein allfälliges Ablaufdatum der Serie betrifft?

Bree: Jetzt ist mal für die dritte Staffel der Drehstart im Herbst – fünf Episoden dann, fünf weitere im Frühjahr. Danach wird man sehen. Ich möchte das so lange schreiben, wie ich das Gefühl habe, dass ich mich nicht wiederhole. Passiert das, dann höre ich auf.

Mit einem Knall?

Bree: Weiß ich nicht. Ich bin ja in der luxuriösen Situation, dass ich mir einfach ein anderes Universum ausdenken kann. Dann schreibe ich halt was anderes. Außerdem mache ich noch "Männerschmerzen". Das möchte ich aber viel komödiantischer machen und nicht so intrigant. Das sind ja auch Männer, die sind ja viel komödiantischer. (lacht) Nein, aber mit einem anderen Look, einem anderen Taste. Das entwickle ich gerade. (Christoph Griessner, APA, 1.2.2016)