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In Großbritannien dürfen Forscher Veränderungen am Genom lebender menschlicher Embryonen im Entwicklungsfrühstadium durchführen

Foto: APA/EPA/Rbm Online

London – Großbritannien hat erstmals die Genmanipulation an Embryonen bis zum Alter von sieben Tagen zu Forschungszwecken erlaubt. Der entsprechende Antrag von Kathy Niakan vom Francis Crick Institute in London auf eine Ausweitung der bisherigen Forschungszulassung sei genehmigt worden, teilte die zuständige Behörde Human Fertilisation & Embryology Authority (HFEA) am Montag mit.

Zusatz: Die veränderten Zellen dürfen auch weiterhin nicht in Frauen eingepflanzt werden. Die Entscheidung der Behörde dürfte dennoch die ethische Debatte über Genmanipulationen am Menschen weiter anheizen.

Molekularer Bastelbogen

Bei den Forschungen am Francis Crick Institute geht es um die Frage nach der Ursache für bestimmte Fehlgeburten. Die nun erfolgte Zulassung betrifft vor allem die sogenannte Crispr/Cas9-Methode, die es erlaubt, defekte Gensequenzen auszutauschen. Ein erster Versuch, diese Methode an menschlichen Embryonen anzuwenden, wurde Anfang 2015 in China unternommen.

Konkret geht es um die Frage, welche Gene die erfolgreiche Entwicklung von Embryonen steuern. Das sei wichtig, weil Fehlgeburten und Unfruchtbarkeit sehr häufig vorkämen, aber die Ursachen nicht ausreichend verstanden würden, sagte Niakan zur BBC.

Therapien gegen Unfruchtbarkeit

Die Experimente an gespendeten Embryonen sollen in den ersten sieben Tage nach der Befruchtung vorgenommen werden, also im Zeitraum von der Entwicklung einer einzelnen Zelle hin zu einem Gebilde von rund 250 Zellen, teilt das Francis Crick Institute mit. Man hoffe, dass die Ergebnisse künftig dabei helfen, künstliche Befruchtungen zu verbessern und unfruchtbaren Menschen gezieltere Therapien anbieten zu können.

Sarah Chan von der Universität Edinburgh kommentierte den behördliche Entscheidungsprozess positiv: "Veränderungen am embryonalen Genom vorzunehmen ist ein sehr sensibles Thema. Es ist daher unumgänglich, dass solche Forschungen und ihre ethischen Implikationen zuvor von den Behörden sorgfältig geprüft werden." Man könne darauf vertrauen, dass das staatliche Regulierungssystem in diesem Bereich gut funktioniere.

Im Gegensatz dazu seien die behördlichen Rahmenbedingungen in China, wo ähnliche Versuche bereits im Vorjahr unternommen wurden, sehr viel unschärfer definiert, so Robin Lovell-Badge, wissenschaftlicher Berater der HFEA. "Dies ist das erste Mal, dass die Anwendung ein ordnungsgemäßes Regulierungssystem durchlaufen hat und genehmigt worden ist. "

Vielversprechende Methode

Das molekulare System Crispr/Cas9 sorgt zunehmend für wissenschaftliches Aufsehen: Mit der Methode ist es bereits gelungen, defekte durch korrekte DNA-Teile zu ersetzen und neue Gensequenzen an lebenden Organismen wie Mäusen in kurzer Zeit und kostengünstig einzufügen.

Kürzlich war es Forschern etwa gelungen, erwachsene Mäuse, die unter ererbter Muskeldystrophie des Typs Duchenne litten, mit Crispr/Cas9 zu behandeln und dabei alle bisherigen Hindernisse zu überwinden. Das Fachjournal "Science" kürte die Methode zum wissenschaftlichen Durchbruch des Jahres 2015. (red, APA, 1.2.2016)