Richard Lugner denkt darüber nach, in die Hofburg einzuziehen.

Foto: APA/Neubauer

Wien – Der Videoclip, mit dem das Ehepaar Lugner Ende in der vorigen Woche seinen Anspruch erhoben hat, "first couple" zu werden, nimmt unter den Youtube-Videos der Bundespräsidentschaftskandidaten einen einsamen Spitzenplatz ein. 334.105-mal wurde es bis Montagvormittag angeklickt, im Schnitt kamen dann noch weitere 1.000 Klicks pro Stunde dazu, und das, ohne dass eine Parteiorganisation dahinterstünde.

Richard Lugners Youtube-Video erreichte in kürzester Zeit tausende Zuseher.
Lugner City

Zum Vergleich: Adrien Luxemburg, der sich vor drei Wochen mit einer "Neujahrsansprache" als unabhängiger Kandidat beworben hatte, konnte für dieses Video nur 4.666 Aufrufe verbuchen, und das in der Vorwoche gepostete Antrittsvideo der Schriftstellerin El Awadalla zählt 4.348 Aufrufe.

Der Social-Media-Experte Markus Zimmer, dessen Agentur Buzzvalue für große Markenartikler die Entwicklung von Diskussionen auf diversen Plattformen beobachtet, sieht in den Internetauftritten der unabhängigen Bewerber eine Chance, überhaupt auf den Stimmzettel zu kommen.

Jammern reicht nicht

"Da reicht es aber nicht aus, dass man darüber klagt, wie schwer es ist, die 6.000 Unterstützungsunterschriften zusammenzubekommen. Wenn ein unabhängiger Kandidat über soziale Medien einen Mobilisierungseffekt erzielen will, dann geht das nur mit dem Versuch, Themen zu setzen, die dann von anderen aufgegriffen werden", sagt Zimmer im Gespräch mit dem STANDARD.

Lugner sei da insofern ein Sonderfall, als er selbst schon mehrfach kandidiert hat – und: "Dieses Lugner-Video verbreitet sich viral, weil es die Leute kurios finden, teilen und es auch als Unterhaltung betrachten."

Natürlich wäre das nicht damit gleichzusetzen, dass aus Klicks und Likes auch Unterstützungserklärungen, geschweige denn auch Stimmen würden, "aber es gehört nun einmal seit ein paar Jahren zum guten Ton der internationalen Politik, eine Kandidatur mit einem Video auf Youtube anzukündigen.

Alexander Van der Bellens Video war bis in die Vorwoche mit 100.695 Klicks das meistgesehene, Andreas Khol folgte mit 62.493 Klicks, und Rudolf Hundstorfer überholte mit 58.368 Klicks rasch die unabhängige Irmgard Griss mit 46.564. Hundstorfer ist nach Zimmers Beobachtung der einzige Kandidat, der in den sozialen Medien bisher Zurückhaltung übt.

Van der Bellens Kandidatenvideo.
Alexander Van der Bellen
Khols Video zur Präsidentschaftskandidatur.
Andreas Khol
Wahlwerbevideo von Rudolf Hundstorfer.
Rudolf Hundstorfer

Wirkungsvolle Interviews

"Hundstorfer kann sich das im Moment leisten – man hat ja über das vergangene Wochenende den Effekt beobachten können, dass er sehr viele Interviews in klassischen Medien wie dem STANDARD gegeben hat, die dann über deren Internetplattformen verbreitet und daraufhin in den sozialen Medien geteilt und kommentiert worden sind", sagt Zimmer über die Entwicklung der vergangenen Tage. Weitere Themen waren nach Zimmers Beobachtung am Wochenende die ersten Prognosen der Meinungsforscher ("die Diskussion darüber hat jene über das Alter der Kandidaten verdrängt") und die Spekulation über allfällige weitere Kandidaten.

Vor allem auf Twitter seien die Diskussionen dadurch geprägt, dass Experten – sowohl Journalisten als auch mehr oder weniger deutlich den Parteien zuzuordnende Diskussionsteilnehmer – den jeweiligen Themen ihren eigenen "Spin" zu geben versuchen. So hat der Pressesprecher des freiheitlichen Parlamentsklubs, Martin Glier, am Montag ein – manipuliertes – Bild auf Twitter verbreitet, das Rudolf Hundstorfer (SPÖ), Andreas Khol (ÖVP), Alexander Van der Bellen (Grüne), Irmgard Griss und Richard Lugner auf Rollatoren gestützt zeigt. Der 44-jährige FPÖ-Kandidat Norbert Hofer rennt den anderen Kandidaten davon.

Imagepflege online

Hofer aber nimmt eine Sonderrolle unter den Kandidatinnen und Kandidaten ein: Der Freiheitliche hat ja angekündigt, seinen Wahlkampf – auch bedingt durch seine körperliche Behinderung nach einem Sportunfall – eher über soziale Medien als über Hausbesuche führen zu wollen.

Buzzvalue-Chef Zimmer hält das nur teilweise für machbar: "Die sozialen Medien bieten eine Chance, das Image zu pflegen und Themen zu setzen – aber das kann nur eine Ergänzung zum eigentlichen Wahlkampf sein. Hofers Vorteil ist aber, dass er, ähnlich wie Van der Bellen, aus seiner Vorfunktion eine hohe Präsenz im Internet hat." Zudem ist die FPÖ und vor allem deren Parteichef Heinz-Christian Strache sehr gut in den sozialen Medien präsent – das sollte Synergieeffekte bringen; etwa nach dem Prinzip, dass das, was Strache gut findet, auch Hofer Aufmerksamkeit und womöglich Sympathien bringt. (Conrad Seidl, 2.2.2016)