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Will wieder in der ersten Reihe mitreden und fordert mehr Gestaltungsspielraum für Haushalt: Italiens Premier Matteo Renzi.

Foto: REMO CASILLI

Am Freitag hatte Matteo Renzi Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin getroffen. Zwar fanden die beiden nicht zum einstigen Schmusekurs zurück, doch Renzi schlug gegenüber der deutschen Kanzlerin wieder freundlichere Töne als zuletzt an. Und Merkel lobte Renzis Reformkurs.

Samstagfrüh besuchte Renzi die süditalienische Insel Ventotene. Dort steht noch das Gefängnis, wo Partisanenhäftlinge wie Piero Calamandrei und Attiero Spinelli das "Europäische Manifest" verfasst haben. Die proeuropäische Pilgerfahrt nach Ventotene wird als Signal gesehen, dass Renzi trotz seiner harschen Kritik an der EU und ihren Institutionen ein überzeugter Europäer bleibt. Seine Kritik an Überregulierung und Austerität, Bürokratie und Türkenhilfe muss konstruktiv gewertet werden.

Position gefestigt

Renzi gab zu, dass er beim Berlin-Besuch nicht alles erreicht habe, was er wollte. Aber er habe die Position Italiens gefestigt: Deutschland und Frankreich könnten Italien nicht mehr ignorieren. Das haben sie eigentlich nur während der Zeit Berlusconis getan. Doch Renzi will mitreden. Es geht ihm nicht so sehr um die politische Agenda wie um die Wirtschaft. So besteht er darauf, dass Italiens möglicher Beitrag zur Türkei-Hilfe nicht auf das Haushaltsdefizit angerechnet werde. Denn dieses überschreitet heuer mit 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bereits das vorgesehene Ziel von 1,8 Prozent. Renzi denkt bereits an 2017. Denn Italien drohen dann Korrekturmaßnahmen im Haushalt von geschätzt 25 Milliarden Euro, sollte Rom nicht die Erlaubnis bekommen, mehr Schulden machen zu dürfen als derzeit erlaubt.

Italiens Gesamtverschuldung macht derzeit 133 Prozent des BIPs aus und soll heuer erstmals sinken. Bis 2018 soll der Schuldenberg um drei Prozentpunkte schrumpfen. Ob das gelingt, ist fraglich. Denn Renzi hat für 2017 bereits weitere Steuersenkungen versprochen, darunter die Abschaffung der Unternehmenssteuer. Die EU hat Italien kürzlich ermahnt, die Regeln des geplanten Schuldenabbaus zu respektieren. Aus einem Bericht über die Finanzlage der EU geht das "mittelfristige Schuldenrisiko" Italiens klar hervor. Nach zwei Jahren Flexibilität müsse Rom 2017 wieder dem normalen Rhythmus beim Schuldenabbau folgen.

Schuldenabbau umsetzen

In dem Bericht wird auch darauf verwiesen, dass der Primärüberschuss in Italiens Haushaltsbilanz mit 2,5 Prozent höher sein müsse als geplant. Nur so kann Italien den geforderten Schuldenabbau umsetzen. Der Chefkommentar der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" rät Renzi in den Verhandlungen mit Merkel und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu mehr Weisheit. Dies scheint sich der 41-jährige Regierungschef zu Herzen genommen zu haben. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, 2.2.2016)