Grafik: der Standard
Foto: Ford
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Valencia – Die letzte Kurve in Valencia, die hat es in sich. Also nicht in Valencia selbst. Sondern die auf der Rennstrecke. Circuit de la Comunitat Valenciana Ricardo Tormo. Auf der rund vier Kilometer langen Strecke preschen normalerweise die Motorräder. MotoGP und Superbikes. Aber auch die Tourenwagen gastieren hier. Sogar die DTM war schon da. Aber eigentlich ist sie eine Motorrad-Rennstrecke. Und auf zwei Rädern ist die letzte Kurve überhaupt grauslich. Man fährt sie bergab an, mit einem Höllentempo, man sieht einen Schmarrn, und dann hängt das Miststück auch noch nach außen. Wer da schnell ist, fürchtet sich nicht vorm Arzt.

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Aber auch mit dem Focus RS ist die letzte Kurve in Valencia die Meisterprüfung. Im langen Linksbogen kommt man daher, lässt sich beim Versuch, spät zu bremsen, nach außen tragen. Und je später man bremst, desto querer driftet der Focus RS über den Scheitel. Schon beim Antippen des Pedals merkt man, wie das Heck leicht wird und gern ein bisserl frech nach vor schauen möchte. Wer dann mit der Lenkung ein bisserl zumacht, fliegt in der schönsten Drift auf die Start-Ziel-Gerade. Wer den Punkt richtig erwischt – und notfalls mit der Kupplung noch ein wenig nachhilft -, kann die Drift noch ein schönes Stück weit übernehmen.

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Was man wissen muss: Mit dem Kaffeetrinken wird es dann ein paar Minuten lang nichts mehr. So wie man da zittert, wenn man rauchend ums Eck geflogen ist, bevor man sich in der Boxengasse einschleift, verschüttet man mehr, als im Häferl drin ist. Obwohl, wegen des Koffeins wäre es wohl eh nicht. Weil das Herz rast, die Augen sind geweitet, und die Stimme klingt unsicher und hoch.

Nein, es ist nicht Angst, die vom Körper Besitz ergreift, wenn man den neuen Ford Focus RS gnadenlos über die Rennstrecke prügelt. Es ist eine spitzbübische Freude. Vor allem auch deswegen, weil dieses Auto nicht nur schnell und laut ist, sondern weil es sich so deppeneinfach querfahren lässt. Und das ist volle Absicht von Ford. Die haben neben einem Sport- und einem Rennstrecken- sogar einen Drift-Modus in den RS gebaut – echt jetzt – und den Focus perfekt zum Driften abgestimmt.

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Die Karten auf den Tisch

Am Schmalz, dem Moach, fehlt es dem Focus RS sowieso nicht. 350 PS leistet der 2,3 Liter große Eco-Boost-Motor, den wir, nur ein bisserl schwächer, bereits aus dem neuen Mustang kennen. 305 PS hatte der Vorgänger-RS, mit dem herrlichen Fünf-Zylinder-Motor von Volvo. 5,9 Sekunden brauchte der Fronttriebler damals, mit seinen 440 Newtonmeter Drehmoment, für den Sprint von null auf Tempo 100. Jetzt sind es 45 PS mehr, 1,2 Sekunden weniger, und im bis zu 15 Sekunden lang dauernden Overboost auch 30 Newtonmeter mehr. Dafür sind auch zwei Räder mehr angetrieben.

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Twinster heißt das Konzept des Allradantriebs, dessen sich Ford bedient. Ursprünglich hat Getrag das System erfunden, das Land Rover im Evoque zum ersten Mal einsetzte. Dieses System hat Ford aus dem Evoque aus-, in den RS eingebaut und schon beim ersten Test zerstört. Die Belastungen waren einfach zu hoch. Aber das System hat Ford für ideal befunden.

Bei diesem Allradantrieb sitzen zwei Kupplungen an der Hinterachse, eine für jedes Rad. Während die Vorderachse permanent mit Kraft versorgt wird, leitet man an der Hinterachse die Kraft gezielt dorthin, wo man sie braucht. Ganz ohne Differenzialsperre.

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Jetzt ist es nur noch eine Frage der richtigen Programmierung, um den Fahrspaß in den Antrieb zu bekommen. Ford lässt die Hinterachse um 1,8 Prozent schneller drehen als die vordere und schickt im Drift-Modus mehr Schmalz aufs hintere kurvenäußere Rad. Mit dem Erfolg, dass Driften zum Kinderspiel wird, wenn man es darauf anlegt.

Der Schweiß von Colin

Neben den vier Fahrmodi hat Ford auch eine Launch-Control in den RS verbaut. Eigentlich etwas sonderbar in einem handgeschalteten Auto, aber es funktioniert hervorragend und schießt den Rennfocus regelrecht vom Start weg. Und auch wenn der Wagen gefühlt besser auf der Rennstrecke liegt als seine Konkurrenten RS3 und A 45 AMG und vor allem mit seinem frechen Heck viel mehr Spaß macht, hat man das Gefühl, dass diesen Wagen keine Rundstrecken-Piloten abgestimmt haben. Nein, das müssen Rallyeprofis gewesen sein. Da klebt die Aura eines Colin McRae im Auto.

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Nur im Normalmodus ist das anders. Da hat man das Gefühl, in einem besseren Focus ST zu sitzen. Nicht zu hart, nicht zu streng. Aber wer am Ende des Ortsschildes auf Sport stellt, der kann Colins Schweiß gleich wieder riechen, wenn er die Kurve spät anbremst und mit viel Brabbel und Sprotz am Scheitel vorbeifliegt. (Guido Gluschitsch, 2.2.2016)

Nachlese:

Ford Focus ST TDCi: Der gute Ton

Volkssportler: Quartett, neu gemischt

Audi RS3: Fünf Freunde lassen es rauchen

Golf Variant R: Biedermann drückt mächtig an

Mercedes-Benz A 45 AMG: Ah geh, AMG