Bild nicht mehr verfügbar.

Wie kann Elektromobilität an Fahrt gewinnen, darüber wird derzeit emsig nachgedacht.

Foto: AP/Zinken

Berlin/Wien – Europa steht hinsichtlich Mobilität vor der größten Veränderung, seit es Autos gibt. Klima- und Gesundheitsschutz, aber auch eine Verringerung der Abhängigkeit von ölproduzierenden Ländern standen Pate bei der Grundsatzentscheidung, fossile Kraftstoffe zugunsten alternativer Antriebe zurückzudrängen. Bisher mit überschaubarem Erfolg.

In Österreich hat die Regierung schon vor längerem ein Ziel definiert: Im Jahr 2020 sollten 200.000 Elektroautos auf den heimischen Straßen unterwegs sein. Ende 2015 waren es nach vorläufigen Zahlen weniger als 21.000, wobei rein elektrisch nur 5.032 Kfz unterwegs waren. 15.862 Kfz waren mit einem konventionellen Benzin- oder Dieselmotor mit zuschaltbarem Elektroantrieb unterwegs, waren also Hybridfahrzeuge.

Ambitioniertes Ziel

Nun soll auch in Deutschland der Turbo für den Elektroantrieb zugeschaltet werden. Dort sollen 2020 eine Million Elektroautos verkehren. Doch wie das ambitionierte Ziel zu schaffen ist, darüber herrscht noch Unklarheit. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat daher am Dienstagabend die Chefs von VW (Matthias Müller), Daimler (Dieter Zetsche) und BMW (Harald Krüger) zu Gast im Kanzleramt.

2015 waren laut Kraftfahrtbundesamt erst 18.849 Elektroautos am Start. Im Gespräch ist eine Kaufprämie von 5.000 Euro. Dafür sind CSU-Chef und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und auch die Grünen. "Wir schlagen vor, übermotorisierte Spritfresser zur Refinanzierung heranzuziehen. Das wäre eine echte Verkehrswende", sagte der Fraktionschef der deutschen Grünen, Anton Hofreiter.

Diskutiert wird auch ein Fonds, in den die Regierung einen Großteil der nötigen Summe einzahlen würde. An ihm sollen sich aber auch die Hersteller beteiligen.

Allerdings stellt sich der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) quer. "Es ist nicht die Aufgabe des Staates, beim Absatz von Autos behilflich zu sein." Vergleiche mit der Abwrackprämie aus dem Jahr 2009, als Käufer von Neuwagen für das alte Kfz 2.500 Euro bekamen, lehnt er ab. Damals sei Deutschland mitten in der Finanz- und Wirtschaftskrise gesteckt, heute sei die konjunkturelle Lage eine andere.

Ordnungspolitischer Sündenfall

Auch Unionsfraktionsvize Ralph Brinkhaus warnt: "Eine Kaufprämie wäre nicht nur eine erhebliche Haushaltsbelastung, sondern auch ein ordnungspolitischer Sündenfall."

Merkel hat noch keine Präferenz erkennen lassen. Einig ist man sich in Berlin aber, dass – unabhängig von einer möglichen Prämie – das Netz der Ladestationen rasch ausgebaut werden müsse.

In Österreich sind mit der Steuerreform einige Zuckerln für Käufer von Elektroautos mitgeliefert worden. Neben der Möglichkeit zum Vorsteuerabzug ist es auch die Befreiung vom Sachbezug für Mitarbeiter, von dem sich die Branche heuer einen Schub erwartet. "Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Schade ist aber, dass private Käufer davon nicht profitieren, nur Unternehmen", sagte Michael-Viktor Fischer, Geschäftsführer des Elektromobilitätsanbieters Smatrics, dem STANDARD.

Noch gebe es eine Reihe von Hemmnissen, die beseitigt gehörten. Dazu zähle das Netzbereitstellungsentgelt, das bei der Errichtung von Ladestationen anfällt und bei einem Schnelllader rasch 30.000 Euro oder mehr ausmachen könne. Hilfreich sei eine Regelung, wie sie Niederösterreich seit kurzem hat: Betreiber größerer Parkplätze sind angehalten, zumindest eine Elektroladestation zu errichten.

Netzausbau in Österreich

Smatrics ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Verbund und Siemens. Im Herbst 2013 wurde mit der Installierung von Ladestationen begonnen, inzwischen hat Smatrics ein Netz von 400 Ladepunkte in ganz Österreich und will weiter ausbauen.

Vorbild für viele Länder in Sachen Elektromobilität ist Norwegen. Dort ist fast jedes vierte neu zugelassene Auto elektrisch unterwegs. Erreicht wurde dies durch Steuervergünstigungen und eine Besserstellung im Stadtverkehr. (Birgit Baumann, Günther Strobl, 2.2.2016)