Rom – In Italien gibt es eine neue Welle von Gewalt in der Familie. Jüngst wurden innerhalb von 24 Stunden drei Frauen von ihren Partnern getötet oder schwer verletzt. Seit Jahresbeginn sind bereits zehn Frauen auf diese Weise ums Leben gekommen, im vergangenen Jahr waren es 127.
"Jeden dritten Tag wird eine Frau getötet: Ein Massaker ohne Ende", schrieb die in Rom erscheinende Tageszeitung "Il Messaggero" am Mittwoch. Landesweite Bestürzung hat am Montag eine Gewalttat gegen eine hochschwangere 38-Jährige hervorgerufen, die bei Neapel von ihrem Mann angezündet wurde. Das Kind wurde per Kaiserschnitt gerettet, der Zustand der Frau ist kritisch.
Ebenfalls am Montag wurde eine 41 Jahre alte dreifache Mutter in der sizilianischen Stadt Catania von ihrem früheren Lebensgefährten erdrosselt. Einen Tag später wurde eine 55-Jährige in der norditalienischen Stadt Brescia von ihrem Mann nach einem Streit um Geld mit einem Messer getötet. Der Täter starb bei einem Autounfall.
Platzmangel in Frauenhäusern
SoziologInnen befürchten, dass die italienische Gesellschaft noch an einem Frauenbild krankt, das Männer dazu verleitet, Frauen als ihr Eigentum zu sehen – und sie in der Folge auch so zu behandeln. Nach Überzeugung der Anti-Gewalt-Zentren Di.re ("Frauen vernetzt gegen Gewalt") spiegeln diese Taten den kulturellen Verfall, der das Land seit Jahrzehnten präge.
Italien hat zwar 2013 die Strafen für Gewalt gegen Frauen verschärft. Bei Stalking ist auch eine Festnahme "in flagranti" vorgesehen. Anzeigen wegen Stalkings können in besonders gravierenden Fällen nicht mehr zurückgezogen werden. Frauenrechtlerinnen beklagen jedoch einen Mangel an Plätzen in Frauenhäusern sowie eine mangelnde Entschlossenheit von Polizei und Justiz, die Verbrechen rasch zu ahnden. In Italien wird fast jedes vierte Tötungsdelikt innerhalb der Familie verübt. (APA, 3.2.2016)