Bei der ersten Runde der neuen Matura wurden die Aufgaben für die schriftlichen Klausuren und die mündliche Kompensationsprüfung standardisiert vorgegeben, korrigiert und beurteilt aber an der jeweiligen Schule selbst.

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Wien – Die Schülerinnen und Schüler hätten kein Problem damit, und auch die Lehrerinnen und Lehrer wären nicht abgeneigt: Ginge es nach ihnen, so könnte es bei der Zentralmatura gern auch eine zentrale Korrektur geben statt der wie jetzt schuleigenen Korrektur und Beurteilung der schriftlichen Klausuren sowie der ebenfalls zentral vorgegebenen mündlichen Kompensationsprüfungen.

Bundesschulsprecher Maximilian Gnesda (Schülerunion) reagierte auf den STANDARD-Bericht, in dem der Klagenfurter Mathematikdidaktiker Werner Peschek ein "hohes Maß an Anforderungsmanipulation bei der Zentralmatura" kritisiert hatte, mit einer erneuten Forderung "nach einer österreichweit zentralen Korrektur der Zentralmatura, um eine objektive und vergleichbare Matura zu gewährleisten. Eine Zentralmatura, die zentral vorgegeben wird und österreichweit das gleiche Format hat, nicht zentral zu benoten, ist ein Widerspruch in sich."

Logische zentrale Korrektur

Dem kann auch der Vorsitzende der AHS-Lehrergewerkschaft Eckehard Quin (FCG) "bei aller Skepsis gegenüber zentralen Klausuren an sich" etwas abgewinnen, sagte er zur APA: "Das wäre vom System her logisch und korrekt." Die Gewerkschaft habe das bei der Einführung der neuen Matura auch gefordert, aber: "Die Antwort war: Für das Geld, das die Lehrer für die Korrektur kriegen, macht das sonst niemand."

Zu den Manipulationsvorwürfen angesichts auffällig verbesserter Maturaergebnisse sagte Quin, bei 22.000 AHS-Lehrerinnen und -Lehrern sei vereinzeltes Fehlverhalten durchaus möglich, flächendeckenden Amtsmissbrauch weise er aber "schärfstens zurück". Laut Peschek wurde die Ausfallsquote bei der Zentralmatura "auf zirka ein Viertel der bei der traditionellen Matura erzielten Ausfallsquote – nach mündlicher Prüfung rund 15 Prozent – gesenkt."

Bildungsministerium droht

Auch das Bildungsministerium wies Pescheks Vorwurf "schärfstens" zurück: "Damit wirft er unseren Lehrerinnen und Lehrern Amtsmissbrauch vor." Man behalte sich rechtliche Schritte vor.

Was die mündliche Kompensationsprüfung betrifft, ist AHS-Lehrergewerkschaftschef Quin übrigens für eine Änderung: "Als Prüfer ist man da in einer komischen Situation. Sie haben die Vorgabe, dem Kandidaten die standardisierte Aufgabe zu geben und diese beantworten zu lassen. Was machen Sie aber, wenn der komplett in die falsche Richtung galoppiert? Wenn man ihm etwas sagt und einen entsprechenden Hinweis gibt, zeigen Sie ihm praktisch den Lösungsweg vor."

Halbe Mathe-Matura

Daher habe man vorgeschlagen, die Kompensationsprüfung in Mathematik schriftlich durchzuführen – als "halbe" Matura mit der Hälfte der Zeit und auf Grundlagenaufgaben beschränkt. Das sei positiv aufgenommen worden, aber heuer nicht mehr umsetzbar.

Ausgangspunkt für die aktuelle Zentralmaturadebatte waren unerwartete Geschlechterunterschiede, regionale Differenzen und teils beträchtliche Leistungsrückstände einiger Bundesoberstufenrealgymnasien (Borg), auf die der Salzburger Bildungswissenschafter Günter Haider im STANDARD hingewiesen hatte.

Restriktive Dateneinsicht

Er kritisierte auch die Informationspolitik des Ministeriums als intransparent. Es fehlten "differenzierte Endergebnisse". Auf der Homepage des Ressorts sind nur die Ergebnisse der schriftlichen Klausuren (ob positiv oder negativ, je nach Bundesland) publik. Haider: "Auch die Bundesreifeprüfungskommission schweigt."

AHS-Vertreter Quin sitzt in dieser Kommission, teilt aber Haiders Kritik an mangelnder Dateneinsicht. Die Schulpartner hätten in der Kommission "mehrfach darum gebeten, dass wir wie bei der Probeklausur für die Mathematikmatura auch für die Zentralmatura die Daten nach Schulformen aufgeschlüsselt bekommen – erfolglos", sagte er zum STANDARD. (Lisa Nimmervoll, 4.2.2016)