Die Zwillingsschwestern Birgit und Nicole Radeschnig sind RaDeschnig und machen dabei von ihrer Ähnlichkeit bewusst Gebrauch.

Foto: Julia Reitz

Wien – Dieses Draußen kann einem schon Angst machen. Es ist groß und dort ist viel los. Und alles ist immer super, toll, erfolgreich und macht Spaß. "Verzerrt" finden Birgit und Nicole Radeschnig das und haben ein Kabarettprogramm darüber geschrieben. Zimmer – Küche – Kabinett widmet sich so ziemlich allem, dem man an sozialem Druck ausgesetzt sein kann, wenn man wegen einer Angststörung im eigenen Kinderzimmer festsitzend den Nachbarn mit dem Fernglas ins Fenster spechtelt oder "Freunden" auf Facebook folgt.

Und nimmt’s mit Humor. Denn schaut man etwas genauer hin, zerbröselt vieles. Dann sucht der Nachbar online nach Immobilien, weil er vor der Scheidung steht. Und die Wintersportskanone hat sich die Gelenke ruiniert. Auch der Insekten-Foodblog der Ex-Schulkollegin läuft eigentlich gar nicht so gut. Arme Nadja. Da müssen einem die selbst eingespielten Youtube-Videos von früher gar nicht mehr so peinlich sein.

Gitarre mit dunklem Humor

Seit 2010 sind die Zwillingsschwestern auf den heimischen Kleinkunstbühnen unterwegs. Neuerdings erklingt ihr Kärntner Dialekt auch in Deutschland und der Schweiz. Ernste Themen aber auch Klischee-Parodien versetzt mit viel dunklem Humor sind das Steckenpferd der beiden. Gleich wie Gitarre, Gesang und mimische Verrenkungen, die nie fehlen dürfen. Punktgenaues Timing und Lockerheit inklusive – gelernt ist eben gelernt. Sei es auch "Musikalisches Unterhaltungstheater" am Wiener Konservatorium.

Was macht es also aus, wenn’s mit dem Petrologie- und Medizinstudium nicht hinhaut, weil man unentwegt in Schockstarre verfällt? Wenn die ältere Schwester die Latte für den elterlichen "Stolzstandard" unerreichbar hoch legt? Man noch kein Burnout geschafft hat oder sich destruktiv zu viel von der Liebe erwartet? Die anderen haben auch ihre Fehler. Zum Beispiel der Markus, der schwul ist und trotzdem ein Idiot. Oder die Lisa: "Die Lisa is schwarz und trotzdem eine arrogante Sau." Menschen sind halt Menschen und das Programm manchmal gar voll. Aber RaDeschnig wollen das Leben nicht erklären, sie spielen es vor. Und das sehr sympathisch. (wurm, 4.2.2016)