Suizid oder Mord? Barschels Tod ist bis heute nicht restlos geklärt – ARD-Film verknüpft reale Geschichte mit der fiktionalen Story über einen Journalisten, der der Wahrheit nachjagt.

Wien – 1987 starb Uwe Barschel. Der Tod des CDU-Politikers und Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein gibt nach wie vor Rätsel auf und ist Stoff zahlreicher Verschwörungstheorien. Ende Mai 1987 überlebt er als einziger einen Flugzeugabsturz. Im September 1987 schrieb der "Spiegel", dass ein Mitarbeiter seiner Staatskanzlei den Konkurrenten und SPD-Oppositionsführer Björn Engholm bespitzeln ließ und ihn unter Druck gesetzt hatte.

Barschel musste zurücktreten, zuvor erklärte er bei der "Ehrenwort"-Pressekonferenz seine Unschuld. Ein paar Wochen später fand ihn ein Journalist tot im Zimmer 317 des Hotels Beau Rivage in Genf. Das Foto mit dem bekleidet in der Badewanne liegenden Barschel ging damals um die Welt. Die Todesumstände sind bis heute nicht restlos geklärt. Ermittler gingen von Suizid aus, die Familie von Mord.

Am Samstag um 20.15 Uhr zeigt ARD den Film "Der Fall Barschel". Sieben Jahre lang haben Drehbuchautor und Regisseur Kilian Riedhof und Co-Autor Marco Wiersch dafür recherchiert, mit damaligen Ermittlern, Zeitzeugen, Journalisten gesprochen. Herausgekommen ist ein knapp drei Stunden langer sehenswerter Politthriller. Riedhof verknüpft die reale Geschichte mit der fiktionalen Story über einen Journalisten, der der Wahrheit nachjagt.

Foto: Foto: ARD/Degeto

David Burger – exzellent gespielt von Alexander Fehling – und Olaf Nissen (Fabian Hinrichs) sind Reporter bei der "Neuen Hamburger Zeitung" und mitverantwortlich dafür, dass Barschel wegen der Bespitzelungsaffäre zurücktreten muss. Nach seinem rätselhaften Tod lässt sie die Geschichte nicht mehr los.

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Burger verbeißt sich immer mehr in die Mordtheorie, folgt über Jahre hinweg jeder neuen Spur: illegale Waffengeschäfte über die DDR, Verbindungen zum U-Boot-Deal mit Südafrika und ein möglicher Zusammenhang mit der Iran-Contra-Affäre.

Während Burger immer mehr den Boden verliert und abtaucht in die dunkle Welt undurchschaubarer Informanten, hält der Pragmatiker Olaf an der offiziellen Darstellung eines Suizides fest und macht Karriere.

Der Film gerät so auch zu einem Psychogramm eines Journalisten, der immer mehr abdriftet, nichts anderes mehr zulässt als den Fall. Er flüchtet in ein Doppelleben, nimmt Tabletten und Drogen. Und er ist ein Spiegel der 1980er-Jahre, dieses speziellen Zeitgeists zwischen Fortschrittsgläubigkeit, Kaltem Krieg und Aids

Sehenswert auch Matthias Matschke als Uwe Barschel, Antje Traue als Davids Geliebte Giselle Neumayer, Edgar Selge als Burgers Mentor und Leiter des Politikressorts der Zeitung.

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"Uns war wichtig, die Einzelteile des Falls so anzuordnen, dass sich nicht nur eine packende Handlung, sondern eine kriminalistisch und psychologisch schlüssige Argumentation ergibt", sagt Regisseur Riedhof. Der Fall sei "in seinem Innern hoch kontaminiert". Riedhof: "Er hat mit dunklen Mächten in unserer Seele und unserem Staat zu tun. Beides macht Angst, wenn man genau hinschaut." Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) hält die Akte Barschel nach wie vor unter Verschluss.

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Im Anschluss an den Film zeigt ARD ab 23.10 Uhr die Dokumentation "Barschel – Das Rätsel". Patrik Baab und Stephan Lamby halten sich dabei strikt an die Fakten und beleuchten die wichtigsten bis heute vorliegenden Erkenntnisse. (Astrid Ebenführer, 6.2.2016)

Nachlese:
TV-Tagebuch: "Der Fall Barschel": "Tiefpunkt politischer Unkultur"

Foto: NDR/ECO Media/Ingo Wandmacher'