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Er galt schon immer als launenhafte Diva, auch in seinem angestammten Beruf als Komiker. Nach einem mehrjährigen Intermezzo als polemischer Gottseibeiuns will Beppe Grillo sich wieder ein wenig aus der Politik zurückziehen und dafür mehr Kabarett machen.

Foto: AP / Antonio Calanni

"Wie ich das gemacht habe, die größte politische Bewegung Italiens ins Leben zu rufen? Nun, ich weiß es nicht. Ich habe nur gescherzt", erklärte Beppe Grillo bei einem Auftritt in Mailand, mit dem er nach langen Jahren sein Comeback als Komiker gab.

Das neue Programm trägt den vielsagenden Titel Grillo vs. Grillo und handelt von der "Geschichte einer Schizophrenie"; von einem "Mann, der zwei Persönlichkeiten in sich trägt: die eines Politikers und die eines Komikers". Von dieser Krankheit müsse er sich wieder befreien. Er werde, sagte Grillo vor rund 2000 Zuschauern, deshalb als Politiker einen Schritt "zur Seite" machen.

Als Grillo vor drei Jahren im Wahlkampf auf dem Mailänder Domplatz Station gemacht hatte, waren mehr als 100.000 Anhänger herbeigeströmt, in Rom kurz darauf waren es derer sogar 700.000. Wenige Tage später wurde Grillos Protestbewegung "Movimento Cinque Stelle" (M5S; Fünf-Sterne-Bewegung) bei der Parlamentswahl sensationell stärkste Einzelpartei im Land. Nur dank der Stimmen der Auslandsitaliener konnte Matteo Renzis Partito Democratico (PD) doch noch einen hauchdünnen Sieg feiern.

Als Nobody ins Parlament

163 völlig unbekannte Kandidaten hatte Grillo mit seinen Polemiken gegen die "vollgefressene abgewirtschaftete Politikerkaste" ins Parlament gebracht; später kamen mehrere EU-Abgeordnete und rund 20 Bürgermeister dazu. Wegen der von Grillo befohlenen Totalverweigerung gegenüber den korrupten "Altparteien" hatten die "Grillini", wie die M5S-Parlamentarier bald genannt wurden, politisch zunächst wenig erreicht.

Problematisch war auch der sektiererische Personenkult um den autoritären Übervater, der gnadenlos alle aussortierte, die sich nicht an seine Regeln hielten. Schon ein von Grillo nicht genehmigter Auftritt im Fernsehen reichte für einen Ausschluss.

Doch inzwischen haben sich die "Grillini" von ihrem Anführer emanzipiert, was auch daran liegt, dass dieser etwas altersmilde geworden sein dürfte und nun etwas die Zügel schleifen lässt.

In den vergangenen Monaten hat sich ein Triumvirat herausgebildet, das den Takt vorgibt: der Vizepräsident der Abgeordnetenkammer Luigi Di Maio sowie die Parlamentarier Roberto Fico und Alessandro Di Battista.

Unter dieser neuen, informellen Führung sind die Grillini gerade dabei, ein Tabu zu brechen: Im Senat, der kleineren Parlamentskammer, wird zumindest ein Teil der Fraktion für Renzis Gesetz zur Besserstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften stimmen – und ihre Stimmen werden entscheidend sein. Bisher haben die Grillini aus Prinzip alles abgelehnt, was aus der Feder der traditionellen Parteien stammte.

Schon vor einigen Wochen war ein weiteres, fast noch größeres Tabu gebrochen worden: Alessandro Di Battista wurde im Vatikan von Vize-Staatssekretär Giovanni Angelo Becciu eingeladen – es habe sich ein "herzliches Gespräch" entwickelt, hieß es danach. Noch vor kurzem wäre eine derartige Meldung als frei erfundener Gag von Grillo eingestuft worden.

Auf eigenen Beinen

"Die Bewegung wird in Grillo weiterhin einen Garanten haben, aber sie bewegt sich immer mehr auf ihren eigenen Beinen", erklärte Luigi Di Maio bei der Premiere des Kabarettprogramms Grillo vs. Grillo. Den Italienern scheint die neue Arbeitsteilung jedenfalls zu gefallen: Grillos M5S ist Renzis PD in allen Umfragen nach wie vor dicht auf den Fersen – und in Rom, wo im Juni wie in anderen Städten wichtige Kommunalwahlen bevorstehen, sogar in der Rolle des Favoriten. (Dominik Straub aus Rom, 5.2.2016)