Graz – Am Donnerstag ist im Grazer Straflandesgericht der Prozess gegen einen mutmaßlichen Jihadisten fortgesetzt worden. Dem Bosnier wird vorgeworfen, dass er der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angehört hat und weitere Mitglieder rekrutieren wollte. Er wurde mit Propaganda- und Hinrichtungsvideos konfrontiert und betonte mehrmals: "Ich bin Muslime und gehöre keiner Organisation an."

Die strengen Sicherheitsvorkehrungen vom ersten Prozesstag am Dienstag waren geblieben, die Zuschauer wurden dagegen immer weniger. Der Angeklagte gab sich gelassen und wirkte mitunter sogar heiter – bis ihm der Staatsanwalt zeigte, dass er sich im Koran mindestens so gut auskennt wie der Beschuldigte.

Acht Bekannte nach Syrien gegangen

Das brachte den Bosnier zeitweise etwas aus der Fassung, trotzdem beteuerte er weiterhin, nie IS-Mitglied gewesen zu sein und niemanden für die Terrormiliz rekrutiert zu haben. "Aus ihrem Umfeld sind seit 2013 acht Personen nach Syrien gegangen", warf ihm der Ankläger vor, was den Bosnier aber nicht dazu brachte, von seiner Aussage abzurücken.

Einer seiner Bekanten, mit dem der Beschuldigte mehrmals wegen eines "Ausflugs" telefoniert hatte, war aber auf einem relativ neuen Propaganda-Video in Großaufnahme als Kämpfer zu sehen.

Hinrichtungsvideos gefunden

Bei einer Hausdurchsuchung waren beim Angeklagten 150 CDs und DVDs sowie zahlreiche Videos auf dem Computer sichergestellt worden. Er gab an, er habe mit diesem Material nur Arabisch lernen wollen. Teilweise zeigen die Streifen aber nur blutige Hinrichtungen mit Gesängen oder Musik im Hintergrund, gesprochen wird gar nicht. "Aus diesen Videos können Sie kein Arabisch lernen, da sind wir uns einig", meinte der Richter.

Vorgeführt wurde dann auch jener Film, der zeigt, wie IS-Anhänger in einer Reihe stehen und gefangenen Soldaten mit einem Messer die Köpfe abtrennen. "Für mich ist das der Inbegriff der politischen Pornografie", meinte der Staatsanwalt zu dem blutigen Propaganda-Video. "Haben Sie den Film gesehen?", wollte der Richter vom Angeklagten wissen. "Weiß ich nicht", antwortete der Bosnier. "Das heißt, Sie schauen dauernd solche Filme?", schloss der Richter aus dieser Antwort.

Nachdem die Hinrichtungen gezeigt worden waren, fragte der Vorsitzende den Beschuldigten: "Würden Sie hier mitmachen, wenn Sie dazu aufgefordert werden würden?" "Nein, ich bin seit 23 Jahren hier, ich würde keine schlimme Tat machen", lautete die Antwort. "Also geben Sie zu, dass es eine schlimme Tat ist?", hakte der Richter nach. "Ich kann das nicht sagen, ich weiß es nicht, ich war nicht dort", wich der Angeklagte aus.

Der Prozess sollte planmäßig am 1. März fortgesetzt werden. Es sind zahlreiche Zeugen geladen, ein Urteil wird frühestens für 3. März erwartet. (APA, 4.2.2016)