Julian Assange zeigte sich am Freitag auf dem Balkon der ecuadorianischen Botschaft

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UN-Rechtsexperten haben die jahrelange Botschaftszuflucht des Wikileaks-Gründers Julian Assange in London als unrechtmäßige Haft eingestuft. Verantwortlich dafür seien die juristischen Aktionen Schwedens und Großbritanniens, erklärte die unabhängige Arbeitsgruppe zum Thema willkürliche Inhaftierungen (WGAD) in Genf.

Arbeitsgruppe fordert Entschädigung für Assange

Die Experten riefen die Regierungen beider Länder auf, dafür zu sorgen, dass Assange sich frei bewegen kann. Zudem müsse er für zehn Tage Isolationshaft und 550 Tage Hausarrest seit Dezember 2010 und die darauffolgende erzwungene Zuflucht in der Botschaft Ecuadors entschädigt werden. Dort befindet er sich seit Sommer 2012.

Schweden und Großbritannien halten an Positionen fest

Dass die nicht einstimminge Entscheidung so ausfallen würde, war bereits im Vorfeld durchgesickert. Die britische Regierung hat bereits vermerkt, dass der Whistleblower nichtsdestotrotz bei Verlassen der Botschaft verhaftet und an Schweden ausgeliefert würde. Daran hält man auch nach Veröffentlichung der WGAD-Einstufung fest, zumal diese lediglich Empfehlungscharakter hat.

Außenminister Philip Hammond hat in einer Reaktion auf die Bekanntgabe den Bericht der UN-Gruppe als "lächerlich" bezeichnet und sieht Assange unter Berufung auf den aufrechten Haftbefehl als Justizflüchtling.

Auch Schweden hat sich zur Feststellung der UN-Experten geäußert und sieht keine formalen Auswirkungen auf seine Rechtsposition. Assange befinde sich freiwillig auf dem Botschaftsgelände und könne dieses jederzeit verlassen. Schweden könnte Assange an die USA ausliefern, wo gegen ihn aufgrund der Wikileaks-Aktivitäten ermittelt wird.

Assange sieht "Sieg"

Die Anwältin von Julian Assange, Jennifer Robinson, findet naturgemäß eine andere Einschätzung des UN-Berichts. Sie sieht das Gutachten als "durchschlagenden Erfolg". Auch Assange selber spricht von einem "Sieg".

Schweden und Großbritannien müssten nun entsprechend dieser Schlussfolgerung handeln, erklärte er in einer Videoübertragung aus der Botschaft. Das Gutachten sei "rechtlich bindend", fügte er hinzu. Zudem liege keine Anklage gegen ihn vor. Er fordert eine Umsetzung der Entscheidung.

Vorgeschichte

WikiLeaks hat in den vergangenen Jahren zahlreiche diplomatische und militärische Dokumente veröffentlicht. Der Fall ist eines der größten Datenlecks in der Geschichte der USA. Nach Ansicht der US-Regierung wurden mit der Aktion Menschenleben gefährdet. Der aus Australien stammende Julian Assange wird in Schweden wegen Vergewaltigungsvorwürfen gesucht, die nach dem Start des Wikileaks-Projekts gegen ihn erhoben wurden.

Dem Haftbefehl folgend, wurde er in Großbritannien im Dezember 2010 zuerst inhaftiert und anschließend unter Hausarrest gestellt. 2012 flüchtete er in die ecuadorianische Botschaft in London. Das lateinamerikanische Land gewährte ihm Asyl. Assange sieht sich als politischer Flüchtling und hatte die Überprüfung seiner Umstände durch das UN-Gremium selbst in Gang gesetzt. (APA, Reuters, gpi, 5.2.2016)