Alle drei Monate gibt es Kulturprogramm. Das verlangt das Gesetz. Konstantin Wecker war schon da, Adi Hirschal auch. Und nun Wanda. Die österreichische Rock-Band der Stunde kann sich kaum zurückhalten und drängt schon aus der zum Backstageraum umfunktionierten Sakristei der Garstener Gefängniskapelle, als noch ein paar einführende Worte gesprochen werden. "Wir freuen uns sehr, dass wir endlich mal vor anständigen Leuten spielen!", fasst Sänger Marco Michael Wanda seine Stimmung noch vor dem ersten Song in Worte.

derStandard.at/Luger

70 Insassen sitzen in Sesselreihen vor einer Band, die sich im vergangenen Jahr an zumindest vierstellige Besucherzahlen bei ihren Konzerten gewöhnt hat. Zwischen und neben den Reihen gehen Justizwachebeamte auf und ab. Köpfe und Füße wippen im Takt, viel mehr Enthusiasmus wäre auch gar nicht erlaubt. "Die Konzerte sind etwas, worüber wir noch lange im Nachhinein reden", erzählt ein Insasse, der selbst Gitarre spielt und "mit dem Blues-Virus infiziert ist".

Musik spielt eine wichtige Rolle im Gefängnisalltag. Es gibt eine Band, eine Trommelgruppe und einen Chor, im November haben die Insassen selbst ein Live-Konzert in der Gefängniskapelle auf die Beine gestellt. Ansonsten organisiert Georg Kamptner das Musikprogramm.

Innerhalb und außerhalb

Kamptner ist Gefängnisseelsorger in Garsten und betreibt mit zwei Kollegen den Verein "drinnen und draußen", mit dem er die beiden Welten innerhalb und außerhalb der Gefängnismauern verbinden will. Jeder Künstler, der in Garsten auftritt, spielt zwei Konzerte. Eines zu Mittag für die Gefängnisinsassen, eines am Abend für zahlendes Publikum. So bleibt der Aufwand für Bands und Technik einigermaßen finanzierbar.

Gleichzeitig öffnet sich das Gefängnis für Besucher und bietet ein Konzerterlebnis in sehr speziellem Rahmen. Kamptner geht es in erster Linie darum, den Gefängnisinsassen ein qualitatives Kulturprogramm zu bieten und bekannte Künstler für ein Konzert zu gewinnen. Dass die Zivilbevölkerung im Rahmen der Veranstaltungen einen Blick hinter die Gefängnismauern werfen kann, sieht er als großen Mehrwert.

Foto: Sarah Brugner, Michael Luger

Wanda fühlen sich in diesem Ambiente sichtlich wohl. "Ich glaube, in unseren Liedern haben wir in Wahrheit die selben Themen wie hier drinnen: Frauen und Alkohol", sagt Marco Michael Wanda. "Und Gift!", schreit einer der Insassen. Nach einer knappen Stunde und Hits wie "Bologna", "Bussi Baby" und "Auseinandergehen ist schwer" applaudieren und johlen die Insassen stehend, bis ein Vollzugsbeamter laut "Hinsetzen!" ruft. Hinter Gittern steht die Disziplin dann doch über dem Rock’n’Roll. (Sarah Brugner, Michael Luger, 6.2.2016)