Foto: Lisi Specht

"Ich bin ein absoluter Spiele-Freak. Doch meine wahre Leidenschaft gilt nicht dem Spielen, sondern der Auseinandersetzung mit der digitalen Spielekultur von den Achtzigern bis heute. Dementsprechend schaut meine Wohnung aus. Ich lebe inmitten von Spielen, Konsolen und Automaten. Ein Teil der Sammlung ist in einem eigenen Spieleraum untergebracht, ein anderer befindet sich hier im Wohnzimmer. Insgesamt habe ich hier an die 20, 30 Spielautomaten, sogenannte Arcades, und tausende Spiele.

"Am liebsten würde ich in einer psychedelisch geformten, knallig bunten Wohnhöhle von Verner Panton leben." Andranik Ghalustians inmitten seiner Arcades im Wohnzimmer.
Foto: Lisi Specht

Für die meisten mag das ein bisschen befremdlich sein. Ich denke, dass nicht jeder so wohnen will wie ich. Wobei ich gestehen muss, dass ich noch eine zweite Wohnung habe, in der ich die gemeinsame Zeit mit meiner Partnerin verbringe. Dort herrscht Spiele- und Automatenverbot. Aber ja, auch hier empfinde ich so etwas wie ein Zuhause. Die Spielekultur ist meine Heimat. Kein Wunder, wenn man sich jahrelang so intensiv mit einer Sache beschäftigt.

Ich selbst spiele fast gar nicht. Ich würde die Wohnung eher als Forschungsstation bezeichnen – und als sozialen Treffpunkt für Gleichgesinnte. Einmal in der Woche, und zwar am Samstag, veranstalte ich hier Arcade-Treffen für 15 bis 20 Leute. Es kommen Kollegen, Freunde von Freunden und Bekannte von Bekannten. In der Regel treffen wir uns um 17 Uhr, und manchmal, wenn die Stimmung gut ist, bleibt der letzte harte Kern bis um fünf Uhr früh.

Nachdem ich zwei Wohnungen mit ganz unterschiedlichen Aufgaben und Atmosphären habe, kann ich sagen: Es ist schön, diese Wohnung zu teilen. Ich mache das gerne, es fühlt sich gut an. Früher habe ich hier gemeinsam mit meinen Großeltern gelebt, seit 17 Jahren wohne ich hier allein. Das ist eine Mietwohnung im dritten Bezirk, Hochparterre, auf circa 100 m², wobei wahrscheinlich ein Viertel der Fläche von Automaten verstellt ist, wenn man ehrlich ist. Immerhin bleiben zum klassischen Wohnen und Einrichten noch 75 Quadratmeter übrig!

Die meisten Möbel – also jene Einrichtungsgegenstände, die über keinen Joystick verfügen -, haben keine bestimmte Geschichte. Es ist ein bunter Mix, zusammengetragen aus den Sechzigern und Siebzigern, mit ein paar Designklassikern und Versatzstücken aus dem Jugendstil. Ich denke, da schlägt mein zweites Herz als Antiquitätenhändler durch, auch wenn Jugendstillampen und Arcades wohl nicht wirklich miteinander harmonieren.

Wie ich wohne, ist ein bisschen auch ein Eingeständnis an meine zeitlichen, räumlichen und finanziellen Ressourcen. Am liebsten nämlich würde ich in einer Wohnhöhle von Verner Panton leben, in so einer psychedelisch geformten, knallig bunten Stoffhülle, die sich über Boden, Wand, Decke und Möbel erstreckt. Ich spreche von so einem richtig argen Wohn-Uterus in Rot, Orange, Magenta und Violett. Ich würde diese Landschaft so adaptieren, dass die Videoscreens und Joysticks in diese Elemente integriert werden. Ich kann mir vorstellen, dass das Panton gut gefallen würde. Immerhin gibt es in diesen wenigen Wohnlandschaften, die tatsächlich realisiert wurden, auch integrierte Radios und TV-Bildschirme.

Dieses Haptische, Fluffig-Weiche zum Angreifen wäre ein guter Ausgleich zur virtuellen Welt, in der ich mich aufhalte. Ich finde die digitale Welt faszinierend. Da hat sich dem Menschen ein paralleles Universum erschlossen. Umso wichtiger ist mir die reale Welt – das reale Wohnen, die realen Arcades, die realen Spielkartons, die zum Teil noch originalverpackt sind, die alten Spielkonsolen und Diskettenlaufwerke. In meiner Leidenschaft ist das Wichtigste, dass ich mich spüre und den Kontakt zur Wirklichkeit nicht verliere." (8.1.2016)