Salzburg – Nach dem ersten Urteil gegen Monika Rathgeber fängt die Aufarbeitung des Salzburger Finanzskandals erst an. Viele Fragen sind noch offen, die Ermittlungen laufen, Strukturen warten noch auf Änderung.

Am Donnerstag begann der erste Strafprozess zu einem Teilaspekt und war schneller vorbei als erwartet. Noch am selben Abend wurde die ehemalige Leiterin des Budgetreferats zu drei Jahren Haft, zwei davon bedingt, verurteilt. Die Staatsanwaltschaft warf ihr schweren Betrug und Urkundenfälschung vor, weil sie Schadensmeldungen an den Katastrophenschutzfonds manipuliert und Unterschriften ihres Kollegen kopiert habe.

Fußfessel möglich

Das rasche Urteil ist auf das Geständnis von Rathgeber zurückzuführen, aber noch nicht rechtskräftig. Weder Staatsanwalt Gregor Adamovic noch Rathgebers Verteidiger Kurt Jelinek gaben eine Erklärung ab. Ein Jahr unbedingte Haft bedeutet für Rathgeber aber noch nicht automatisch Gefängnis. Richter Günther Nocker sagte, er stehe einem Antrag auf Strafaufschub für die 44-jährige Juristin aus Braunau positiv gegenüber und schließe auch eine Fußfessel nicht aus.

Aber Rathgeber muss mit weiteren Anklagen rechnen. Denn das erste Urteil ist nur ein kleiner Schritt. In dem Strafprozess ging es noch gar nicht um den Spekulationsskandal. Die Frage, wie es möglich war, dass Rathgeber hunderte hochriskante Finanzgeschäfte abschließen und mit Geld des Landes spekulieren konnte, ist noch nicht einmal formuliert. Nach derzeitigem Aufarbeitungsstand soll dem Land dadurch ein Schaden von rund 350 Millionen Euro entstanden sein. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt weiter gegen Rathgeber, Ex-Mitarbeiter ihrer Abteilung und ehemalige und aktive Politiker. Wann in diesem großen Komplex ein Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft vorliegen wird, ist noch nicht absehbar.

Ermittelt wird auch noch in der Übernahme von negativen Derivaten von der Stadt durch das Land und im Finanzstrafverfahren, das nach der Selbstanzeige des Landes wegen Steuerschulden von 52 Millionen Euro eingeleitet wurde.

Politiker auf der Anklagebank fehlten

Das erste Urteil hat freilich auch schon erste Kritiker auf den Plan gerufen. Sowohl den Neos als auch der FPÖ fehlten weitere Personen auf der Anklagebank. Allen voran die politisch Verantwortlichen aus der damaligen rot-schwarzen Regierung. FPÖ-Chef Andreas Schöppl wetterte auch konkret gegen den Landeshauptmann: Wenn Wilfried Haslauer (ÖVP) von den Ungereimtheiten nichts gewusst habe, "dann ist er entweder nicht kompetent genug für seinen hochbezahlten Job – oder er hat bewusst weggesehen".

Politiker vor Gericht könnten noch folgen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt weiterhin gegen die Ex-Landesräte David Brenner, Othmar Raus (beide SPÖ) und Wolfgang Eisl (ÖVP) sowie gegen Rathgebers Vorgesetzten, den pensionierten Finanzhofrat Eduard Paulus wegen Untreue oder Beihilfe zur Untreue. Gegen den Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) wird wegen des Swap-Übertrags ermittelt.

Doppik ab 2018

Auch von der Politik werden weitere Konsequenzen gefordert. Die Neos wollen die Finanzabteilung parteifrei machen und fordern sie mit unabhängigen, weisungsfreien Fachexperten zu besetzen. Zudem drängen sie auf die sofortige Umstellung der Buchhaltung des Landes auf das "Doppik"-System. Die schwarz-grüne Landesregierung hat sich die Abkehr vom kameralistischen System ins Programm geschrieben. Bis 2018 soll sie umgesetzt sein. (Stefanie Ruep, 5.2.2016)