AfD-Chefin Frauke Petry hat ehrgeizige Ziele: Merkel und ihre Asylpolitik müssen weg, die Grenzen geschlossen werden.

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Wie er denn die neuesten Umfragewerte für seine Chefin Angela Merkel kommentiere, wurde der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in der Regierungspressekonferenz gefragt. Gar nicht, antwortete der. Er bewerte Umfragen nicht, egal ob sie gut oder schlecht seien.

Doch im Kanzleramt finden die neuesten Zahlen natürlich große Beachtung, denn sie sind alles andere als erfreulich für Merkel. Sie hat in den vergangenen Wochen stark an Rückhalt verloren. Nach einer Umfrage des ARD-Deutschlandtrends sind inzwischen 61 Prozent mit der Arbeit der großen Koalition weniger oder gar nicht zufrieden. Vor einem Monat waren es "nur" 48 Prozent.

Die Zustimmung zu Merkel persönlich ist binnen eines Monats um zwölf Punkte auf 46 Prozent gesunken, das ist der niedrigste Wert seit August 2011. 81 Prozent der Befragten glauben nicht mehr, dass die Bundesregierung die Flüchtlingskrise noch im Griff hat.

Syrer und Iraker zurück

Zwar sind vonseiten der Bundesregierung mittlerweile schärfere Töne gegenüber Flüchtlingen zu hören. So erklärte Merkel unlängst, sie erwarte, dass Syrer, wenn in ihrem Land wieder Frieden sei, und Iraker, wenn der IS besiegt sei, wieder in ihre Heimatländer zurückkehren würden, um diese aufzubauen. Und Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) machte deutlich: "Wer sich nicht integrieren will, dem werden wir auch die Leistungen kürzen." Zudem hat die Koalition das Asylrecht weiter verschärft und den Familiennachzug eingeschränkt.

Und dennoch: In der Grundsatzfrage bleibt Merkel ihrem Standpunkt der offenen Grenzen treu. Wie keine andere Partei profitiert davon die "Alternative für Deutschland" (AfD). Deren Chefin, Frauke Petry, hat in der Vorwoche erklärt, zur Not müsse man an der Grenze auf Flüchtlinge schießen.

Vor Grünen und Linken

Das hat in den anderen Parteien für Empörung gesorgt und auch in der AfD nicht jedem gefallen, tut dem Höhenflug aber keinen Abbruch. Die Erhebungen von Infratest dimap wurden nach Petrys Äußerungen durchgeführt. Fazit: Die AfD konnte binnen eines Monats um drei Prozentpunkte auf zwölf Prozent zulegen. Das ist der höchste bisher gemessene Wert, sie lässt damit die Linken (neun Prozent) und die Grünen (zehn Prozent) hinter sich. Die SPD kommt auf magere 24 Prozent, die Union auf 34 Prozent.

Noch im Sommer dümpelte die AfD nach dem Austritt ihres – im Vergleich zu Petry – liberalen Parteigründers Bernd Lucke an der Wahrnehmungsschwelle herum. "Natürlich verdanken wir unseren Wiederaufstieg in erster Linie der Flüchtlingskrise", sagte AfD-Vizechef Alexander Gauland ganz offen und räumt sogar ein: "Man kann diese Krise ein Geschenk für uns nennen."

AfD als "Fieberthermometer"

Bayerns Finanzminister Markus Söder sieht die AfD als "Fieberthermometer" für die Sorgen der Bevölkerung in der Flüchtlingskrise und hofft: "Dieser Spuk wird verschwinden, wenn die Flüchtlingskrise gelöst ist." Noch ist das aber nicht der Fall, und so werden die Wahlkämpfer in jenen Ländern immer nervöser, die am 13. März in Deutschland wählen.

"Wir haben hier momentan einen Kontrollverlust, der nicht hinzunehmen ist", sagt Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Trotz der anhaltenden Hilfsbereitschaft "kippt die Stimmung in der Bevölkerung". Haseloff stellt sich am 13. März der Wiederwahl. Er regiert derzeit mit der SPD. In seinem Bundesland steht die AfD vor dem größten Erfolg. Sie ist im Osten stärker verankert als im Westen.

Bis vor Kurzem wollte die sachsen-anhaltinische SPD-Spitzenkandidatin Katrin Budde noch den Machtwechsel mit einem rot-roten oder einem rot-rot-grünen Bündnis erreichen. Doch in Umfragen liegt die AfD bei 15 Prozent, das linke Lager verliert stark, und die SPD droht sogar auf den vierten Platz zu rutschen – hinter CDU, Linken und AfD.

Duell der Frauen

Um den Machterhalt bangt eine andere SPD-Politikerin: Malu Dreyer (SPD), die in Rheinland-Pfalz mit den Grünen regiert, würde gerne in der Mainzer Staatskanzlei bleiben. Doch CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner will sie verdrängen. Lange Zeit sah es so aus, als könnte sie das am 13. März auch schaffen.

Doch nun dreht sich der Wind wieder zugunsten von Dreyer und SPD, Klöckner und die CDU verlieren – obwohl Klöckner mit ihrem Asylplan "A2" , der de facto Obergrenzen vorsieht, auf Distanz zu Merkel ging. So wird die Wahl auch als Votum über die künftige CDU-Asylpolitik gesehen.

Wie in Rheinland-Pfalz wird der AfD am 13. März auch in Baden-Württemberg der Einzug in den Landtag gelingen. Dort regiert mit Winfried Kretschmann der einzige Grüne Ministerpräsident. Was aus ihm wird, ist unklar. Fünf Wochen vor der Wahl haben weder sein grün-rotes Bündnis noch Schwarz-Gelb eine Mehrheit, weil die AfD bei zehn Prozent liegt. (Birgit Baumann aus Berlin, 7.2.2016)