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Wasser ist im Süden Pakistan rar. Seit 2011 werden die Bewohner von einer Dürre geplagt.

Foto: APA/EPA/NADEEM KHAWER

Islamabad – Ein Baby mit eingefallenem Gesicht und Kanüle in der Nase, Säuglinge am Tropf, lange Schlangen erschöpft aussehender Mütter mit Kleinkindern auf dem Arm vor einer Klinik: Aus der südpakistanischen Provinz Sindh kommen derzeit viele Bilder sterbenskranker Kinder. Eine seit vier Jahren andauernde Dürre treibt im großen Bezirk Tharparkar die Zahl der Opfer rasant in die Höhe – vor allem bei Kinder.

"Nur die Spitze des Eisbergs"

Mehr als 100 Kinder seien dort seit Anfang Jänner gestorben, sagt Shuja Qureshi von der Menschenrechtsorganisation Pakistan Institut für Arbeit, Bildung und Recherche (Piler). Das Unternehmen Alhasan, das humanitäre Daten sammelt, zählte im Jänner 139. Experten sprechen vor allem von Säuglingen, die an einer Mischung aus Unterernährung, Durchfallerkrankungen, Virusinfektionen und einem Mangel an medizinischer Versorgung stürben.

Die bekannte Zahl sei aber nur "die Spitze des Eisbergs", meint der Journalist Amar Gurior aus Tharparkar. Weil der Bezirk groß, die Kliniken rar und die Straßen schlecht seien, schafften viele Eltern es mit ihren Kindern nicht rechtzeitig ins Krankenhaus. Oder machten sich nie auf den Weg.

Salziges Wasser und Dürren

Der Wüstenbezirk Tharparkar mit seinen hohen Sanddünen ist einer der ärmsten des Landes. Er erstreckt sich über 20.0000 Quadratkilometer. Mehr als eine Million Menschen leben dort – viele halb-nomadisch in abgelegenen Gebieten. Laut dem Welternährungsprogramm (World Food Programme – WFP) ist dies der Bezirk mit der schlechtesten Nahrungsmittelversorgung im ganzen Land. Das Wasser ist oft salzig. Dürren kommen zyklisch.

Diese Faktoren verschlimmern die ohnehin hohe Kindersterblichkeit. Pakistan hat eine der höchsten Raten der Welt. Von 1.000 lebend geborenen Kindern unter fünf Jahren sterben im Durchschnitt 89, wie Experten von UNICEF sagen. In Tharparkar sei die Rate jetzt bei etwa 96 bis 100 von 1.000 Kindern, schätzt ein Mitarbeiter. Zum Vergleich: Der weltweite Durchschnitt lag 2015 bei 43 pro 1.000 Lebendgeburten.

Gesundheitswesen unterbesetzt

Es sei gerade eine neue Analyse der Situation in Arbeit, und "viele Partner" arbeiteten daran, die akuten Probleme zu lindern, heißt es von der UN und dem Welternährungsprogramm. Aber eigentlich müssten grundlegende Reformen her – wie mehr Krankenhäuser, zum Beispiel. Der Leiter der örtlichen NGO Aware, Ali Akbar, klagt: Es gebe immer noch nur ein großes Krankenhaus im ganzen Bezirk. 300 Stellen im Gesundheitswesen seien unbesetzt, "und die Regierung stellt einfach niemanden ein".

Die Dürre hatte 2011 begonnen. Es sei die schlimmste seit 1998, hatte Amir Yousuf von der Al Sadiq Wüstenhilfe Organisation der Entwicklungshilfe-Publikation Irin schon 2014 gesagt. Dann gab es in der vergangenen Regenzeit wieder nicht genug Niederschlag. Und obwohl die derzeitige Krise damit vorhersehbar gewesen sei, sagen Kritiker, habe die Provinzregierung ihre Pflichten "kriminell vernachlässigt". (APA/dpa, 7.2.2016)