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Apples Zukunftsperspektiven sind mit dem schwächelnden iPhone-Geschäft getrübt worden.

Foto: AP Photo/Ben Margot

Apple hat zwar auch im vergangenen Quartal wieder einen Rekordgewinn verbuchen können. Die iPhone-Verkäufe konnten nur wenig anziehen. Für das aktuelle Quartal geht das Unternehmen sogar erstmals seit mehr als zehn Jahren von einem Umsatzrückgang aus. Mit einem Geldberg von 216 Milliarde US-Dollar im Rücken scheint Apple zwar "too big to fail". Ohne weitere zündende Idee könnte der Konzern seinen Höhepunkt aber hinter sich haben.

Erwartungen an iPhone 7 geringer

2007 brachte Apple mit dem ersten iPhone seine bisher erfolgreichste Produktserie auf den Markt. Die jährlich in neuer Generation vorgestellten Smartphones machen den Großteil der Einnahmen aus. Bricht diese Einnahmequelle auch nur um ein paar Prozent weg, verliert der Konzern Milliarden. 2016 werden einerseits im März ein kleineres iPhone 5se erwartet, andererseits soll im Herbst das nächste Flaggschiff – das iPhone 7 bzw. 7 Plus – kommen. Analysten zweifeln aber daran, dass die neuen Modelle die Käufe so stark wie frühere Generationen ankurbeln können. iPhone-Nutzer könnten entscheiden, ihre aktuellen Geräte länger zu behalten, wenn nichts Spannenderes nachkommt, oder letztendlich auf Android wechseln. Apple könnte letztendlich doch gezwungen sein, endlich billigere Smartphones auf den Markt zu bringen.

Apple Watch zieht zu wenig an

Die gesamte Branche ist auf der Suche nach einer neuen Produktkategorie, die einen neuen Boom auslöst. Der Tablet-Markt ist längst rückgängig, Apples iPad-Absatz ist im vierten Quartal um ein Viertel zurückgegangen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Smartwatches können die Lücke aber offenbar noch nicht füllen. Von der Apple Watch sollen nach Einschätzungen von Marktforschern im vergangenen Jahr zwölf Millionen Stück verkauft worden sein, damit würde sie auf einen Marktanteil von zwei Drittel kommen. Der Konzern selbst hält sich dazu bedeckt. Tim Cook sagte lediglich, dass die Verkäufe im vergangenen Quartal besser gewesen seien als im ersten Weihnachtsquartal des iPhones im Jahr 2007. Dass kommende Apple-Watch-Modelle in den nächsten Jahren so ein Wachstum hinlegen wie das iPhone damals, ist unwahrscheinlich.

Apple hinkt bei Zukunftsthemen hinterher

Ein weiteres Feld, in dem derzeit viele IT-Konzerne mitmischen, ist Virtual Reality. Google, Facebook, Microsoft, Samsung, HTC und andere beackern das Feld bereits mit eigenen VR-Brillen, die mittlerweile auf dem Markt erhältlich sind oder demnächst kommen. Auch die Content-Produzenten zeigen großes Interesse, bieten doch VR-Games oder 360-Grad-Videos neue Möglichkeiten, Inhalte zu präsentieren und zu verkaufen. Apple hat bisher keinen Schritt in diese Richtung unternommen – zumindest nicht offiziell. Laut Insidern arbeitet auch der Konzern aus Cupertino an einer VR-Brille. Unklar ist jedoch, wann sie auf den Markt kommen könnte. So lässt der Konzern seiner Konkurrenz einen enormen Vorsprung.

Ähnlich sieht es mit selbstfahrenden und elektrischen Autos aus. Und auch die lange erwartete Überarbeitung von Apple TV und ein eigenes Angebot für Film- und Serienstreams fehlen bis heute.

Die Software wird schlechter

Ein großer Vorteil Apples gegenüber seiner Konkurrenz ist, dass Hardware und Software aus dem gleichen Haus kommen. Der Konzern kann jedes einzelne Detail aufeinander abstimmen. Allerdings passieren dem Konzern bei der Software in letzter Zeit immer öfter Fehler. Darüber sind sich auch die Journalisten und Apple-Kenner Walt Mossberg, John Gruber und Jim Dalyrmple einig. Qualität, Performance und Stabilität der Betriebssysteme, Apps und Dienste haben nachgelassen. Apple verliert damit nach und nach Argumente für seine hohen Preise.

Die Konkurrenz hat die besseren Karten

Probleme haben auch einige Konkurrenten. Samsung hat ebenfalls mit zurückgehender Nachfrage nach Smartphones zu kämpfen. Allerdings rücken in der Android-Welt stets neue Hardwarehersteller nach, vor allem Marken aus China wie Xiaomi und Huawei versuchen verstärkt auch die Nachfrage nach höherwertigen Geräten zu bedienen. Android-Entwickler Google beziehungsweise der Mutterkonzern Alphabet hat Apple mittlerweile als wertvollstes Unternehmen überholt. Und Google ist nicht so stark davon abhängig, dass sich seine Hardware so gut verkauft wie die von Apple, denn dafür sorgen die zahlreichen Herstellern von Android-Smartphones.

Einer der wenigen verbleibende Vorteile Apples ist es, dass alle (aktuelleren) Geräte gleichzeitig mit Updates versorgt werden. Hier müssen Android-Hersteller noch nachbessern. Und auch bei den verfügbaren Apps hat Apple noch die Nase vorn – zumindest was die Einnahmen angeht. Googles Play Store verzeichnet zwar mehr Downloads, Apple verdient mit seinem App Store aber mehr Geld. Für Entwickler ist es so zumindest aus finanzieller Sicht attraktiver, Apps für iOS zu schreiben, da diese mehr einbringen. Sollte die Zahl der iOS-Nutzer jedoch zurückgehen, würde auch die Plattform an Attraktivität verlieren.

Apple wird zu Microsoft

"Business Insider"-Autor Jim Edwards sieht als Worst-Case-Szenario, dass Apple zu Microsoft wird. Viele Probleme seien darauf zurückzuführen, dass Apple immer mehr neue Produktkategorien bedienen will. Die Konzernriesen würden den Blick für die wichtigen Details verlieren. Microsoft hat im Bereich mobiler Betriebssysteme zu lange gewartet und zu spät auf sich verändernde Nutzergewohnheiten reagiert. Der Konzern hat es nicht geschafft, mit Windows Phone eine für die breite Masse attraktive Alternative zu iOS und Android anzubieten. Apple könnte beim Versuch, überall mitmischen zu wollen, zunehmend an Bedeutung in einzelnen Bereichen verlieren.

Die andere Seite der Medaille

Allerdings hat Apple in der Vergangenheit immer wieder auch die größten Schwarzmaler eines Besseren belehrt. iPod, iPhone und iPad kamen jeweils zur richtigen Zeit, um nochmals Schwung ins Geschäft zu bringen. Und da Apple einer der größten Geheimniskrämer der IT-Branche ist, erfährt man nur aus "informierten Kreisen", was als Nächstes serviert werden könnte. Ob die Gerüchte stimmen, stellt sich immer erst heraus, wenn CEO Tim Cook die nächste Keynote abhält. So könnte das iPhone 7 trotz aller Unkenrufe wieder ein Verkaufsschlager werden und Apple trotz Rückstands bei Virtual Reality das Feld mit einer Brille von hinten aufräumen. (br, 8.2.2016)