Jerusalem – Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu will illoyale Abgeordnete künftig aus dem Parlament verbannen lassen. Wie sein Büro am Montag bestätigte, wurde am Vortag bei einem Treffen der Koalitionsspitzen "vereinbart, ein Gesetz einzubringen, das den Ausschluss von Parlamentsabgeordneten wegen ungebührlichen Verhaltens ermöglicht".
Anlass ist ein umstrittenes Treffen von drei arabischen Knesset-Mitgliedern mit Hinterbliebenen palästinensischer Attentäter. Das neue Gesetz mit Verfassungscharakter soll nach den Vorstellungen Netanjahus einen Parlamentsausschluss von Abgeordneten ermöglichen, wenn es dafür eine Dreiviertelmehrheit gibt – also wenn mindestens 90 der 120 Knessetabgeordneten zustimmen. Das neue Gesetz soll nun im Eilverfahren ins Parlament eingebracht werden.
Neue Gewaltwelle forderte viele Opfer
Anfang der vergangenen Woche hatten drei Abgeordnete der nationalistischen arabischen Balad-Partei Familien von Ostjerusalemer Palästinensern besucht, die erschossen wurden als sie Anschläge verübten und deren Leichname beschlagnahmt worden waren. Die drei Politiker wollten durch ihren Besuch nach eigenen Angaben die Forderung der Hinterbliebenen nach Übergabe der Leichen unterstützen.
Während das im israelisch besetzten Westjordanland zuständige Verteidigungsministerium die Leichen von Attentätern zur Bestattung freigibt, verweigert der im annektierten Ostjerusalem zuständige Minister für Innere Sicherheit die Herausgabe. Minister Gilad Erdan hält dies für eine wirksame Abschreckungsmaßnahme. Seit Ausbruch einer neuen Gewaltwelle im Oktober wurden 165 Palästinenser, in der Mehrzahl Attentäter, 26 Israelis, ein US-Bürger und ein Eritreer getötet.
Netanjahu beauftragte parallel zu seiner Gesetzesinitiative die Generalstaatsanwaltschaft zu prüfen, ob die drei Balad-Abgeordneten strafrechtlich belangt werden können. Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit forderte seinerseits die Polizei auf, umfangreiche Informationen über das Treffen mit den Attentäterfamilien zu sammeln. Danach werde über rechtliche Schritte entschieden, teilte das Justizministerium mit. (APA, 8.2.2016)