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Der Ansturm auf den von Easyjet-Gründer Stelios Haji-Ioannou eröffneten ersten Easyfoodstore in London war enorm. Die meisten Artikel kosten nicht mehr als 25 Pence, umgerechnet 32 Eurocent.

Foto: AP / Anthony Devlin

Anlaufschwierigkeiten gehören zu jedem neuen Geschäftsmodell. Wenn aber ein Einzelhändler anderthalb Tage nach der Eröffnung schon wieder die Türen schließen muss, weil die Vorräte ausgehen, kann es mit der gründlichen Vorbereitung nicht weit her gewesen sein.

Woran es lag? An den Medien natürlich. "Mit so viel Berichterstattung hatten wir gar nicht gerechnet", teilte ein Sprecher des nagelneuen, Anfang voriger Woche in London eröffneten Easyfoodstore treuherzig mit.

Dabei ist der Billigstdiscounter die neuste Geschäftsidee des Serienfirmengründers Stelios Haji-Ioannou (48), gewiss keines Fremden, was erfolgreiche PR-Arbeit angeht. Von dem milliardenschweren Einwanderer aus Griechenland, auf der Insel nur liebevoll Stelios genannt, schwärmen die britischen Medien, seit der damals 28-Jährige eine klaffende Marktlücke im europäischen Fluggeschäft entdeckte.

Erfolgsgeschichte in der Luft

Mit zwei geleasten Maschinen startete Easyjet 1995 von der Schmuddelindustriestadt Luton 40 Kilometer nördlich von London aus eine regelmäßige Verbindung nach Glasgow und Edinburgh, 1996 wurde Amsterdam die erste Destination auf dem Kontinent. Mittlerweile bringen 221 eigene Jets jährlich 65 Millionen Passagiere an 134 Zielorte – eine Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen sucht.

Stelios selbst wurde das operative Geschäft bald langweilig. Und so übertrug der "Serienunternehmer" (Selbstbeschreibung) sein Geschäftsmodell auf andere Branchen, stets unter dem Label Easy (leicht). Der Ausgangspunkt ist dabei immer der gleiche: Für ultraniedrige Preise nehmen die Konsumenten mancherlei Unannehmlichkeit, etwa lange Anfahrtswege und rudimentären Service, in Kauf.

Doch gingen Easycinema, Easycruise und Easymusic rasch den Weg alles Irdischen. Auch dem Autoverleihgeschäft (Easycar), Busreisen (Easybus) und Easyhotel war kein sonderlicher Erfolg beschieden. Und nun das mörderische Einzelhandelsgeschäft?

Britischer Preiskrieg

Auf dem Markt tobt in Großbritannien ein Preiskrieg, weil die deutschen Giganten Aldi und Lidl gegenüber alten Größen wie Sainsbury's und Tesco stetig an Boden gutmachen. Übereinstimmend bewerten die Analysten die Erfolgsaussichten von Easyfoodstore düster. Das erste Geschäft im Armutsstadtteil Brent ist ungünstig gelegen, bietet nur 76 Produkte wie Kekse, Pasta und Gemüsedosen an, von frischen Lebensmitteln keine Spur. Aber der Preis!

Den Februar über soll jedes Produkt sensationelle 25 Pence (32 Cents) kosten, auch anschließend würden die Preise deutlich unter der Konkurrenz liegen, beteuert ein Sprecher. Die Londoner jedenfalls scherten sich nicht um die Expertenmeinung und stürmten in der Vorwoche das Geschäft. "Ich kann mir hier für meine Kinder Dinge leisten, an die ich normalerweise gar nicht denke", teilte eine abgehärmte Mittvierzigerin dem Fernsehsender BBC mit.

Tatsächlich leben auf der Insel Hunderttausende von Armenspeisungen und kostenlosen Lebensmittelspenden. Darauf will der von der Queen zu Sir Stelios geadelte Milliardär (Familienvermögen laut "Sunday Times": 3,6 Milliarden Euro) ausdrücklich hinweisen. Seine Stiftung versorgt seit langem arme Griechen und Zyprioten mit kostenlosen Lebensmitteln. Am Freitag öffnete sein Londoner Billigstdiscounter wieder die Türen. (Sebastian Borger aus London, 9.2.2016)