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Auch die Mitarbeiter des öffentlichen Reinigungsdienstes nehmen am Umzug in Rio Teil. Sie tragen T-Shirts mit der Aufschrift "Zika raus" und putzen hinter den Wagen her.

Foto: REUTERS/Pilar Olivares

Fast sahen sie aus wie eine weitere Sambaschule, aber die Männer und Frauen mit den gelben Regenmänteln und den Gasmasken versprühten zum Auftakt des brasilianischen Karnevals keine gute Laune im Sambódrom, sondern Wolken von Insektengift. Die Sanitätsbrigade von Rio de Janeiro rückte der Tigermücke, Aedes Aegypti, zu Leibe, die nicht nur Gelbfieber und Dengue überträgt, sondern auch das Zika-Virus. Eigentlich eine Katastrophe vor einem Fest, das sich durch viel nackte Haut und Schweiß auszeichnet – und bei Temperaturen von bis zu 40 Grad. Nicht in Brasilien.

Rios Bürgermeister Eduardo Paes hatte "die größte Show der Erde" versprochen, und die wollte er sich durch eine getigerte Mücke nicht verderben lassen. 200.000 Sanitäter und Soldaten seien im Einsatz, um Aedes Aegypti den Garaus zu machen, versicherte Gesundheitsminister Marcelo Castro. Und weil den Sponsoren dieses Jahr wegen der Wirtschaftskrise die Puste ausging, verdoppelte Paes kurzerhand den Zuschuss für die größten Sambaschulen – auch wenn er dafür über Weihnachten die öffentlichen Krankenhäuser schließen musste. Nicht einmal die Tatsache, dass die Krise manche Sambaschulen dazu zwang, dieses Jahr mit weniger Tänzern, weniger Wagen und billigeren Kostüme auszukommen, belastete die Feier-Stimmung.

Keine Panik

Millionen stürzten sich seit dem Wochenende ins Getümmel der Karnevalshochburgen Rio, São Paolo und Salvador da Bahia. Manch einer postete Selfies mit Mückenschutzmitteln, aber viele Besucher zeigten Haut und gaben den Journalisten freimütig zu Protokoll, dass sie sich nicht eingesprüht hätten.

Auch die Warnungen, dass Zika möglicherweise nicht nur durch Mückenstiche, sondern auch durch Urin, Geschlechtsverkehr oder sogar Küssen übertragen wird, lösten keine Panik aus. Es sei nicht angeraten, Fremde zu küssen oder Flaschen und Besteck mit anderen Leuten zu teilen, erklärte das Gesundheitsministerium. "Ach, Zika ist nur eine Sorge mehr", sagte die 48-jährige Lehrerin Juliana Araujo der Presse unter Anspielung auf Rezession, Korruptionsskandale und das drohende Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Dilma Rousseff. "Wir lassen uns dadurch den Spaß aneinander nicht verderben", so Araujo.

Kostüminspirationen

Der Tanz auf dem Vulkan belebte immerhin die Fantasie der Narren. Beim Straßenkarneval gab es gleich zwei Renner: den japanischstämmigen Polizeibeamten Newton Ishii, der an fast allen wichtigen Korruptionsermittlungen mitgewirkt hat, und die Zika-Mücke. In der nordbrasilianischen Stadt Olina nahm die Gruppe "Olympische Moskitojäger" nicht nur die Tigermücke auf den Arm, sondern parodierte auch noch Korruptions- und Bauskandale.

Die Webseite Compartilhável wiederum mokierte sich über die Leichtfertigkeit ihrer Landsleute und publizierte eine Karikatur, in der ein Mann im Brasilien-Top und Shorts unter dem Gewicht massiger Steine ächzt, die die Aufschrift Karneval, Fußball und Bier tragen. Sein linker Fuß steht auf einem winzigen Inselchen, rundherum schwimmen Steine wie "Gesundheit", "Wissenschaft" und "Gewissen". (Sandra Weiss aus Puebla, 9.2.2016)