Bild nicht mehr verfügbar.

Russische Panzer bei der Parade anlässlich des 70. Jahrestages des Sieges über Nazideutschland in Moskau

Foto: AP Photo/Alexander Zemlianichenko

London/Wien – Die großen Unterschiede sind noch immer offensichtlich: Das Militärbudget der USA war auch im Jahr 2015 um ein Vielfaches höher als das des ersten Verfolgers China. Insgesamt gaben die Vereinigten Staaten 597,5 Milliarden Dollar (rund 530 Milliarden Euro) für Verteidigung aus – mehr als die zehn nächstgrößten Militärbudgets zusammengerechnet. Aber, so ein am Dienstag in London vorgestellter Bericht des Thinktanks IISS (International Institute for Strategic Studies): Die militärische Überlegenheit des Westens schrumpft, in einigen Bereichen hat sich, wie die Verfasser schreiben, "das Spielfeld verflacht".

Und dabei geht es, wie IISS-Chef John Chipman bei der Präsentation des Berichtes sagte, nicht mehr nur um traditionell schwierige Fälle wie die Frage nach Abschreckung im Cyberwar gegen China, sondern auch um konventionelle Waffensysteme.

Vor allem Russland, das seine Rüstungsausgaben in Rubel im Vergleich zum Vorjahr um mehr als zehn Prozent erhöht hat (in Dollar gerechnet sind sie leicht gesunken), ernte nun die Früchte seines Militärmodernisierungsprogramms. Ganz besonders Neuentwicklungen im Bereich der Panzertechnologie eröffneten Moskau neue Möglichkeiten, etwa das bei Paraden im Mai 2015 vorgeführte Kampfpanzersystem T-14 Armata. "Westliche Landstreitkräfte sollten darüber sehr besorgt sein", so die Ansicht der IISS-Experten. Die Annahme, dass man die osteuropäischen Nato-Länder im Ernstfall schnell schützen könne, müsse überdacht werden. Auffällig sei, dass Russlands Rüstung sich trotz des Syrien-Einsatzes eher auf Abschreckung gegen den Westen und erst in zweiter Linie auf Material konzentriere, mit dem man Gegnern des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad oder IS-Terroristen Schaden zufügen könne.

Der Aufrüstung anderswo stünden mangelnde Innovation und geringe Investitionen in Europa gegenüber. Nur vier europäische Nato-Staaten hätten im Jahr 2015 das gemeinsam definierte Ziel erreicht, zwei Prozent des BIPs für Verteidigung aufzuwenden, während etwa in Asien die Ausgaben um 5,6 Prozent gestiegen seien.

Rüstungsrennen in Nahost

Zusätzlich profitieren könnten Chinas und Russlands Waffenverkäufer dem Bericht zufolge vom Ende der Iran-Sanktionen. "Das sind sicher die Länder, an die sich Teheran als Erstes wenden wird", so Chipman. Eine militärische Modernisierung des Iran drohe dabei auch den Rüstungswettlauf im Nahen Osten weiter zu verschärfen. Schon jetzt steht Teherans sunnitischer Regionalrivale Saudi-Arabien mit 81,9 Milliarden US-Dollar pro Jahr an dritter Stelle der weltweiten Militärausgabenliste. Die gemeinsam mit Verbündeten geführten Einsätze gegen die Huthi-Rebellen im Jemen und gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien hätten in der ganzen Region schon 2015 zu einem steigenden Militäraufwand beigetragen. Darunter leide auch die Transparenz: Es werde jedes Jahr noch schwieriger, verlässliche Zahlen aus der Region zu bekommen. (mesc; red, 10.2.2016)