Flüchtlinge im syrisch-türkischen Grenzgebiet. 40.000 Menschen haben sich allein in den vergangenen Tagen auf den Weg gemacht.

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Die Nato wird einen Einsatz von Mitgliedstaaten zur Kontrolle der EU-Außengrenze zwischen Griechenland und der Türkei auf rasche Umsetzung prüfen. Als erstes EU- und Natoland hat Deutschland Mittwoch beim Treffen der Verteidigungsminister im Hauptquartier in Brüssel erklärt, dass es sich an einer solchen Aktion zur Seeraumüberwachung beteiligen werde. Die Türkei hatte einen entsprechenden Antrag eingebracht.

Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte zu Beginn des zweitägigen Treffens, bei dem es vor allem um Syrien und den Kampf gegen den IS-Terror geht, das Ziel müsse sein, "das perfide Geschäft der Schmuggler mit der illegalen Migration zu erschweren".

Stopp der illegalen Migration

Wie berichtet, ist der Stopp der illegalen Migration von der Türkei über Griechenland nach Zentraleuropa bzw. wenigstens eine starke Verkleinerung der Flüchtlingszahlen zur Priorität der EU-Politik erklärt worden. Die Außen- und Verteidigungsminister der EU hatten sich erst am Wochenende in Amsterdam darauf verständigt, alle Pläne darauf abzustimmen. Der größte Teil der 1,3 Millionen Migranten, die 2015 nach Europa kamen, gelangten mithilfe von Schleppern auf eine der griechischen Inseln vor der türkischen Küste.

Das soll sich nun ändern, indem der "Aktionsplan EU-Türkei" umgesetzt wird. Er sieht vor, dass die Flüchtlinge zunächst mit EU-Hilfen von drei Milliarden Euro auf türkischem Boden aufgehalten werden. Einige Hunderttausend sollen dann legal über ein Neuansiedlungsprogramm als Asylwerber in einem EU-Land aufgenommen werden, insbesondere Syrer.

Seeoperation Ägäis

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat in diesem Zusammenhang die Kooperation mit der Türkei intensiviert. Nächste Woche wird der EU-Gipfel ganz im Zeichen der Flüchtlingskrise stehen, abgesehen von den Sondervereinbarungen mit Großbritannien. Um beim Gipfel nicht allzu schlecht dazustehen, präsentierte die EU-Kommission am Mittwoch eine erste Zwischenbilanz zur Flüchtlingshilfe. Der zuständige Innenkommissar Dimitris Avramopoulos räumte ein, dass "viel Zeit verloren wurde", der Erfolg sich in Grenzen hält. So seien die im Herbst beschlossenen fünf Aufnahmezentren ("Hotspots") in Griechenland (außer in Lesbos) noch immer nicht einsatzfähig. In Italien laufe es etwas besser.

Die Hotspots sind von entscheidender Bedeutung für eine geordnete EU-Migrationspolitik. Denn wenn die Registrierung nach der Ankunft der Flüchtlinge nicht ordentlich klappt, scheitern in der Folge auch alle Pläne zur weiteren Ansiedelung in EU-Staaten. Derzeit werden nur 70 Prozent registriert. Laut Avramopoulos "konnten bisher erst 497 Migranten umgesiedelt werden" – von 160.000, auf die man sich geeinigt hatte.

Er zeigte sich aber optimistisch, dass Griechenland "in den nächsten zehn Tagen" seinen Verpflichtungen nachkomme werde. Zum Natoeinsatz meinte er, das sei "kein Thema". Die EU müsse Schengen und auch die Dublin-Regeln erhalten. Avramopoulos wies auch Kritik zurück, dass besonders belastete Länder wie Deutschland oder Österreich zu wenig beachtet würden: Österreich werde wegen seiner Leistungen vom Umsiedelungsmechanismus ausgenommen werden, die Quote für das laufende Jahr wurde bereits von 1935 auf 1350 Flüchtlinge reduziert. (Thomas Mayer aus Brüssel, 10.2.2016)