In diesem Job hat man Macht: öffnet Schranken für einfahrende Autos, hindert Nichtberechtigte am Zugang und verfügt über Zugänge zu sämtlichen Räumen im Haus. Sind vielleicht deshalb alle so nett zu Rezeptionistinnen und Rezeptionisten?

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Manchmal ähneln Büros einem Tiergarten.

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Arbeitet man in einem größeren Unternehmen, so ist der erste Mitarbeiter, den man garantiert in der Früh sieht: der Portier. Und interessanterweise sind zu ihm alle Menschen freundlich – wie kommt das?

Die unfreundliche Kollegenseele hat meist mit direkter oder indirekter Konkurrenz zu tun. Und sei es nur Konkurrenz um den besseren Sitzplatz im Büro. Die Kooperationsbereitschaft ist da nicht gerade hoch.

Der Portier hingegen hat innerhalb des Unternehmens keinen hohen Rang, ist eher basal einzustufen. Oft sind es einfach Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen auf diesen Job angewiesen sind. Daher erfolgt der Gruß auch nicht auf Augenhöhe, sondern kommt eher jovial daher, wohlwollend gönnerhaft bis ehrlich wertschätzend.

Freundlich sein kostet nichts

Und doch ist es nicht nur joviales Wohlwollen – der Portier hat, einmal abgesehen vom geringen Ansehen dieses Berufsstands, ein beträchtliches Ausmaß an Macht. Der Portier öffnet Schranken für einfahrende Autos, hindert Nichtberechtigte am Zugang zum Unternehmen und verfügt über Zugänge zu sämtlichen Räumen im Haus. So einen kann man immer einmal brauchen! Was tun, wenn man die Zutrittskarte vergessen hat? Den Portier ansäuseln. Was tun, wenn man in den Seminarraum möchte, der aber versperrt ist? Den Portier ums Öffnen bitten.

Der Portier ist de facto der Gatekeeper des Hauses und eigentlich kann es sich niemand im Büro leisten, es sich mit ihm zu verscherzen. In der Sprache der Verhaltensbiologen klingt das in etwa so: Die Kosten, die beim Anbieten von Kooperation entstehen, sind wahrscheinlich geringer als der ausbleibende Nutzen, wenn der Portier nicht kooperiert. In der Alltagssprache sagt man: Freundlich sein kostet nichts, wer weiß, wozu es einmal gut sein wird.

Kein Konkurrent

Es gibt aber noch einen Grund, freundlich zu sein: Der Portier stellt keine Bedrohung für die eigene Funktion dar. Selten bis nie hat ein Portier den Karrieresprung geschafft, seine Loge verlassen und den Sessel eines Marketingmitarbeiters oder der Leitung Controlling eingenommen. Von Portieren ist diesbezüglich nichts zu befürchten, ein Konkurrent weniger – da kann man schon einmal freundlich sein und den Tag mit einem Lächeln beginnen. (Gregor Fauma, 12.2.2016)