Über Democracy Now hinweg zu zappen, ist unmöglich. Die sachliche Stimme von Anchorwoman Amy Goodman ist eine Wohltat im Geflimmer hysterischer Newssendungen, Realityshows und Werbespots. Der partizipative Sender Okto gehört zu jenen, die das unabhängige, nichtkommerzielle Politmagazin weltweit ausstrahlen.
Am Mittwochabend ging es um die Vorwahlen in den USA. Da begeistern sich viele auch sehr Junge für den Demokraten Bernie Sanders, doch in der schwarzen Bevölkerung hält sich der Jubel in Grenzen. Eine echter Dämpfer für die "Feel the Bern!"-Rufer. Goodmans Gast war der Journalist und Autor Ta-Nehisi Coates, der gerade mit seinem Buch Between the World and Me Furore macht und zu den Kritikern Sanders gehört. Ta-Nehisi – sein Vater war Gründer der Black Panther Press – fordert Reparationszahlungen an Afroamerikaner für die Zeit der Sklaverei. In eloquenter Weise kritisierte er Sanders gnadenlos dafür, dass dieser gegen Reparationen sei. Sanders will – wie übrigens Hillary Clinton und Barack Obama auch – das Geld lieber etwa in leistbares Wohnen stecken.
Nach einigen Minuten fragte Goodmans sonore Stimme ruhig: "Werden sie Senator Sanders wählen?" Dann die stille Sensation: Coates lächelte plötzlich verlegen, schlug die Augen nieder wie vor einem Liebesgeständnis und sagte: "Ich werde Senator Sanders wählen. Ich wollte diese Frage vermeiden, aber ja, ich werde Senator Sanders wählen." Er wollte seine Rolle als kritischer Journalist von jener des Bürgers trennen, sagte er, aber es mache keinen Sinn, sich vor so der Frage zu drücken. Sein Sohn habe ihn beeinflusst, entschuldigte sich der 41-Jährige dann fast noch. Sanders wird das freuen. (Colette M. Schmidt, 11.02.2016)