Richard Lugner ist so wenig peinlich, dass Spott und Häme an ihm abprallen. Da mögen ihn Politologen einen Spinner nennen, Journalisten einen Opernball-Clown – für ein bisschen Publikum ist dem Baumeister jede Rolle recht, selbst jene der Lachnummer: "Der Kasperl gewinnt immer, das ist eine Tatsache."

Dazu dürfte es dann doch nicht kommen, aber seine zweifelhafte Berühmtheit könnte den 83-Jährigen bei der Präsidentenwahl immerhin so weit bringen, dass Mitbewerbern das Gelächter im Hals stecken bleibt. Lugner hat politisch keinen Plan und keine Ahnung, doch das hatte Frank Stronach auch nicht. Trotzdem schaffte es der wirr schwadronierende Austrokanadier ins Parlament.

Der diffuse Grant auf das politische Establishment ist so groß, dass ein paar Prozent jedenfalls drinnen sind. FPÖ-Kandidat Norbert Hofer muss um das blaue Abo auf Proteststimmen fürchten, der Sozialdemokrat Rudolf Hundstorfer könnte es spüren, wenn Sprösslinge aus den Arbeiterbezirken, die mit einem "Gemma Lugna!" auf den Lippen gerne des Baumeisters Einkaufszentrum besuchen, ihr Wahl- an ihr Freizeitverhalten anpassen. Letztlich könnte Lugner mitentscheiden, wer es in die Stichwahl schafft.

Nicht nur deshalb müssen ihn die etablierten Politiker ernst nehmen: Sie sollten sich fragen, warum die eigene Kaste so sehr in Verruf geraten ist, dass ein Kasperl zum Konkurrenten werden kann. (Gerald John, 11.2.2016)