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Russlands Außenminister Sergej Lawrow (links) und US-Amtskollege John Kerry trafen einander am Donnerstag schon vor dem eigentlichen Start der Münchener Sicherheitskonferenz.

Foto: REUTERS/Michael Dalder

Es macht beinahe den Eindruck, als fände eine Art weltpolitisches Dschungelcamp im Bayerischen Hof zu München statt: Bei der jährlichen Sicherheitskonferenz ist mit Kalamitäten und Kabalen aller Art umzugehen. Die politischen Problemkreise reichen vom Konflikt in der (Ost-)Ukraine über die Sicherheitsarchitektur Afrikas bis zur zweifelhaften Stabilität in der Himalaja-Region, von Cybersicherheit bis zu nachrichtendienstlichen Einschätzungen en gros und en détail (erstmals werden Geheimdienstchefs offen auftreten).

Das mit Abstand wichtigste Thema der so traditionsreichen wie zunehmend schwer zu überblickenden Konferenz, das steht schon vor deren Eröffnung fest, wird diesmal aber der Konflikt in Syrien sein – und alles, was damit zusammenhängt.

Wiener Format

Bereits am Donnerstag fand in der bayerischen Hauptstadt eine Syrien-Konferenz im sogenannten Wiener Format statt. In der International Syria Support Group berieten Arabische Liga, Europäische Union und Vereinte Nationen sowie 17 Staaten (darunter Ägypten, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, der Irak, der Iran, Russland, Saudi-Arabien, die Türkei und die USA) über Auswege aus dem inzwischen fast fünf Jahre währenden Krieg, in dem inzwischen knapp 500.000 Menschen ihr Leben verloren haben.

Moskau deutete im Vorfeld der Gespräche die Bereitschaft an, sich auf einen Waffenstillstand einzulassen (siehe Seite 3). Russische Truppen kämpfen an der Seite der Einheiten von Präsident Bashar al-Assad gegen Aufständische jeder Couleur. Zuletzt bombardierte die russische Luftwaffe Aleppo schwer und löste dadurch eine neue Massenflucht von Zivilisten an die türkisch-syrische Grenze aus. Mit einem Waffenstillstand wäre eine der Bedingungen der syrischen Oppositionsverbände erfüllt, um die zuletzt in Genf bis zum 25. Februar ausgesetzten Friedensgespräche fortzuführen. Auch die USA und etwa Saudi-Arabien drängen bereits seit einiger Zeit darauf.

Am Wochenende werden sich die Verhandlungen darüber weiter intensivieren. Denn für die eigentliche Sicherheitskonferenz haben sich 30 Staats- und Regierungschefs und über 70 Außen- und Verteidigungsminister angesagt. Darunter sind unter anderem König Abdullah II. von Jordanien, der polnische Präsident Andrzej Duda, der ukrainische Präsident Petro Poroschenko, der russische Premierminister Dmitri Medwedew, der irakische Premierminister Haider al-Abadi, US-Außenminister John Kerry und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow, der französische Premierminister Manuel Valls und sein scheidender Außenminister Laurent Fabius, Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sowie – als einer der Gastgeber – der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Aus Österreich reisen Außenminister Sebastian Kurz und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil an.

Im Vorfeld der Konferenz erklärte deren Vorsitzender, Wolfgang Ischinger: "Die aktuellen Krisen und Konflikte sind so schwerwiegend und gefährlich, wie wir es seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr erlebt haben."

Nato greift ein

Beinahe wie zum Beweis dafür gab der Nordatlantikpakt nun deutlich vernehmbare Lebenszeichen von sich: Die Nato will einerseits den USA mit Awacs-Aufklärungsflugzeugen aushelfen, damit sie Kapazitäten für den Syrien-Einsatz freibekommen, und andererseits eine Seemission in der Ägäis starten, die gegen Schlepperbanden vorgehen soll, die Flüchtlinge nach Europa schleusen "Wir können das nicht länger tolerieren", sagte die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Donnerstag. Auch ihr US-Amtskollege Ashton Carter begrüßte den Einsatz. "Es existiert inzwischen eine Mafia, die diese armen Menschen ausbeutet." (Christoph Prantner, 12.2.2016)