Finanzminister Schelling kam mit der Verteilung der Lasten durch Flüchtlinge vorerst nicht durch.

Foto: APA/Fohringer

Er habe mit der für das Budget zuständigen EU-Kommissarin Kristalina Georgiewa ein "äußerst konstruktives Gespräch" geführt. Es sei in Brüssel verstanden worden, dass ein Land wie Österreich, das bei der Aufnahme von Flüchtlingen seine Verpflichtungen bei weitem übererfülle, einen Ausgleich verlange. Das erklärte Finanzminister Hans Jörg Schelling am Donnerstag zum Auftakt der Eurogruppe in Brüssel zu seiner Forderung an die EU-Kommission nach einer Kompensationszahlung im Volumen von 600 Millionen Euro an Österreich.

Er hatte diesen Wunsch vor einer Woche in einem Brief an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker deponiert. Das Thema stand offiziell nicht auf der Tagesordnung der Eurogruppe, und auch nicht bei den Finanzministern der EU-28, die im Anschluss daran tagen.

Entscheidend ist EU-Solidarität

Dennoch wollte Schelling es seinen Kollegen "zur Kenntnis bringen". Denn: "Entscheidend ist, dass endlich eine europäische Solidarität entsteht", sagte er nach der Unterredung mit Georgiewa. Entweder komme es bald zu der von der Kommission vorgeschlagenen fairen Aufteilung der Flüchtlinge auf alle EU-Staaten, oder aber "es muss eine Abgeltung geben", so Schelling. Die Kommissarin habe ihm zugesagt, dass die zur Verfügung stehenden EU-Fonds im Budget auf diesbezüglich deutlich mehr Flexibilität hin geprüft werden müssten. Beim informellen Finanzministertreffen in Amsterdam Mitte April will sie dazu einen Vorschlag zu Diskussion stellen.

Der Finanzminister zeigte sich dazu sehr zufrieden, denn es sei sein Hauptziel gewesen, dass "eine europäische Debatte entsteht, wir wollen den Druck erhöhen". Viel mehr kann Österreich im Moment auch nicht erwarten, wurde dem Standard aus der Kommission bestätigt. Die budgetäre Lage ist, insbesondere was die Flüchtlingshilfe betrifft, sehr angespannt. Gemeinsam mit dem EU-Parlament wurden alle Reserven mobilisiert, um die beschlossenen Maßnahmen finanzieren zu können. Schelling kann also – wenn überhaupt – nur mit einem Bruchteil seiner Forderung rechnen, im unteren zweistelligen Millionenbereich.

Fairer Schlüssel

Er rechnete in Brüssel vor, dass Österreich 2015 nach einem fairen Schlüssel nur 35.000 Flüchtlinge hätte versorgen müssen, tatsächlich seien es 90.000 gewesen, mit Kosten von 11.000 pro Person. Daraus ergebe sich der geforderte Betrag. Schelling sieht sich als "Vorreiter". Auf jeden Fall will er erreichen, dass die 600 Millionen Euro nicht im Defizitverfahren angerechnet werden – was realistisch ist. In der Eurogruppe wurde über die Probleme anderer Staaten wie Italien beraten, die Euroverpflichtungen einzuhalten, ebenso über die Schwierigkeiten von Portugal und Griechenland, ihre Europrogramme und Budgetpfade wie geplant umzusetzen. So kann auch Schelling mit Milde der Budgethüter in Brüssel rechnen, was die Ausgaben für Flüchtlinge betrifft. (Thomas Mayer aus Brüssel, 11.2.2016)