Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier blieb schon in der Nacht zum Freitag äußerst vorsichtig: Durchbruch sei ein großes Wort, ließ er wissen. Und von einem solchen wolle er im Zusammenhang mit der kurz zuvor in München vereinbarten Feuerpause für Syrien nicht sprechen. In der Tat sei die Über einkunft, die Waffen schweigen zu lassen, ein "wichtiger erster Schritt" (so der türkische Außenminister Melvut Çavuşoglu), aber eben nur der Anfangspunkt für einen langen Marsch durch die Mühen der Ebene. Das zeigte sich bereits im Laufe des Freitags.

Feuerwechsel

Die russische Luftwaffe und auch die syrischen Streitkräfte hielten ihre Operationen über und um Aleppo unvermindert aufrecht. Nachrichtenagenturen meldeten weiterhin Bombardements und Feuerwechsel. Unter Diplomaten auf der Sicherheitskonferenz in München hieß es sogar, dass russische Spezialkräfte am Boden mit den Syrern mitkämpften: "Bevor die Feuerpause eintritt, will man noch so viel wie möglich herausholen. Stichwort: Debalzewe in der Ukraine."

Der französische Verteidigungsminister Jean-Yves le Drian erklärte dazu in München, die Waffenruhe könne nur dann funktionieren, wenn auch Russland und die Streitkräfte von Präsident Bashar al-Assad umgehend ihre Feindseligkeiten einstellten. Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg drängte auf der Sicherheitskonferenz auf die sofortige Umsetzung der Feuerpause.

Danach hörten sich die Stellungnahmen insbesondere aus Damaskus zunächst allerdings nicht an: In einem – am Donnerstag geführten und am Freitag erschienenen – Interview mit der Nachrichtenagentur AFP erklärte Assad, er werde sich sein Land zur Gänze wieder zurückholen. Die russische Seite ließ verlauten, dass die Übereinkunft "in naher Zukunft" umgesetzt werden würde. Ausgenommen davon seien, wie vereinbart, die Milizen des IS und der Al-Nusra-Front.

Die Vereinbarung sieht vor, dass die Umsetzung der Feuerpause binnen einer Woche beginnt. Zudem sollen humanitäre Missionen freien Zugang zu mehreren belagerten Gebieten in Syrien kommen. Drittens soll ein Prozess zur Bildung einer Übergangsregierung begonnen werden. Die USA und Russland wollen alle drei Punkte mit einer neu eingerichteten Arbeitsgruppe begleiten.

In München wollten einander am Freita erneut Diplomaten treffen, um das weitere Vorgehen abzustecken. Die Hohe Repräsentantin für Außenbeziehungender EU, Federica Mogherini, und Irans Außenminister Jawad Zarif erklärten, dass der Atomdeal gute Voraussetzungen für weitere Lösungen in der Region biete. Zarif: "Wir müssen auch dort von einem Nullsummen-Ansatz zur Kooperation kommen. Wir können mit unseren saudischen Brüdern zusammenarbeiten. Dafür müssen wir aber die Probleme und Narrative neu definieren."

Unklar war vorerst, ob die in Genf ausgesetzten Syrien-Friedensgespräche wieder aufgenommen werden. Der Uno-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, strebte jedenfalls eine möglichst rasche Wiederaufnahme an.Bewegung kam in die zuletzt diskutierte Entsendung von Truppen aus der Region nach Syrien: Pentagon-Chef Ash Carter sagte, dass Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate die syrische Opposition mit Spezialeinheiten gegen den IS unterstützen wollen (Christoph Prantner, 12.2.2016)