Am begehrtesten sind Gesundheitsstudien wie Physiotherapie, Logopädie oder Ergotherapie,...

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Der Ausbau der Fachhochschulen ist beschlossene Sache. Geht es nach der Fachhochschulkonferenz, soll es in Zukunft aber noch mehr FH-Absolventen geben. Im Bild: Eine Sponsion an der FH-Kärnten.

Foto: Glanznig/FH Kärnten

Die FH Campus Wien ist Spitzenreiterin. Österreichweit bewerben sich für keinen Studiengang so viele Studieninteressierte wie hier für Physiotherapie. Das wäre an und für sich etwas Schönes, gäbe es nicht viel zu wenige Plätze. Am schlechtesten sieht das Verhältnis dabei an der FH Salzburg aus, schätzt Michael Unger auf seiner Serviceseite www.aufnahmeprüfung.at: 26 Bewerber kommen auf einen Platz. Ähnliche Zahlen gibt es auch für die Studiengänge Diätologie, Logopädie, Ergotherapie und Hebamme, wo 13 Bewerberinnen auf einen Platz kommen.

Dass Studien aus dem Gesundheitsbereich boomen, erkennt man auch daran, dass es mit der FH Oberösterreich für Gesundheitsberufe eine eigens darauf spezialisierte Fachhochschule gibt.

Warum aber sind die Studiengänge derart beliebt? Und wie geht man mit der viel zu großen Nachfrage um?

Karrieredenken nicht im Vordergrund

Martin Dürl, Studiengangsleiter und auch für Aufnahmeprüfungen für das Studium Physiotherapie an der FH Salzburg zuständig, kann sich vorstellen, dass eine neue Haltung und Einstellung junger Menschen gegenüber dem Beruf verantwortlich sein kann: "Ich kenne zwar keine Untersuchung hierzu, aber wenn man sich vorstellen kann, im Gesundheitsbereich zu arbeiten, steht Geld und Karrieredenken sicher nicht im Vordergrund", sagt Dürl. Technische Studiengänge, wo die Aussichten in Richtung Karriere bekanntlich besser sind, würden hingegen weniger nachgefragt.

Für Physiotherapie spreche sicherlich, dass es ein gesellschaftlich anerkannter Beruf sei und flexible Arbeitsverhältnisse bietet: ob Teilzeit oder Vollzeit, selbstständig oder angestellt.

500 Bewerber als Richtwert

Die Zahlen an der FH Salzburg sind seit zehn Jahren, so lange wird der Studiengang nun an der FH angeboten, in etwa gleich, jedes Jahr über 500 Bewerber. "Letztes Jahr hatten wir 720 Interessenten und schließlich 640 Bewerber für 28 Plätze."

Konstant bleiben auch die Studienplätze, denn die Dichte an Physiotherapeuten im Land sei schon ziemlich hoch – etwa 1000 seien es laut Dürl, und die Angebote der deutschen Nachbarn dürfe man natürlich auch nicht vergessen. "In Traunstein werden pro Jahr 58 Leute ausgebildet, in Rosenheim 60. Es ergibt keinen Sinn, mit den Plätzen hinaufzugehen."

Drei Auswahlrunden

Wie also aus den vielen Bewerbern auswählen? Auch hier blieb man in den letzten Jahren beim gleichen System, nur die Fragen werden regelmäßig evaluiert und angepasst. "Als Bewerber muss man zunächst eine Art Intelligenztest absolvieren", sagt Dürl. Dabei werden die figurale, numerische und sprachliche Intelligenz getestet. 150 kommen in Runde zwei, wo es fachlicher wird. "Hier achten wir auch darauf, wie Bewerber mit ihrem Körper umgehen." Und in die letzte Runde kommen schließlich 86, hier geht es um Teamwork.

"Bewerbungstouristen" stören nicht

Dürl kenne viele, die sich zwei-, drei- oder gar viermal beworben hätten. "Wenn man es dann irgendwann schafft, beweist das einen eisernen Willen und hohes Engagement. Wir können uns sehr glücklich schätzen über solche Studierende", sagt der Studienprogrammleiter. Auch Bewerbungen an mehreren Fachhochschulen gleichzeitig seien häufig zu beobachten. Dürl nennt das "Bewerbungstourismus": "Die meisten bewerben sich bei zwei bis vier Fachhochschulen, um die Chancen zu erhöhen." Eine Gleichschaltung der Aufnahmeverfahren zur zentralen Vergabe der Studienplätze in Österreich sei zwar einmal kurz diskutiert worden, man habe aber schnell bemerkt, dass dies nicht umsetzbar sei, erzählt Dürl. Dass es gelegentlich zu Absagen kommt, weil ein Bewerber doch lieber einen Platz an einer anderen FH annimmt, sei kein großes Problem.

Die Uni als Zwischenstopp

Wer sich nicht für Praktika oder andere Arbeit in der Zwischenzeit entscheidet, landet häufig an der Uni, in verwandten Studiengängen. Biologie ist etwa unter denjenigen beliebt, die sich für Gesundheitsstudien interessieren.

Auch Corina Wehinger führte es an die Uni. Nachdem es letzten Sommer noch nicht für Soziale Arbeit an der FH Campus Wien gereicht hat, studiert sie seit einem Semester Bildungswissenschaft in Wien. "Es gefällt mir nicht schlecht, und ich komme zurecht. Trotzdem ist es aber nicht das, was ich mir vorgestellt habe." Der 25-Jährigen fehlt der Praxisbezug, auch die fixen Stundenpläne und klaren Strukturen an der Fachhochschule würden ihr mehr liegen als die Eigeninitiative, die man an der Uni zeigen muss. Diesen Sommer versucht Wehinger es also ein zweites Mal an der FH.

Wie viele solcher zwischenzeitlicher Uni-Studierender es gibt, lässt sich nicht ermitteln. Die Dropout-Quoten sind nach ein, zwei Semestern in Studienrichtungen wie Biologie oder den Sozialwissenschaften ohnehin hoch. Außer Frage steht aber, dass sie das ohnehin stark belastete Unisystem weiter strapazieren.

Ausbauwünsche groß

Aufseiten der Fachhochschulen bleibt es bei der Forderung nach Ausbau – nicht nur der bestehenden Studienrichtungen. Bis zu 30 derzeit an den Unis angesiedelte Studienfächer mit starkem Bezug zur Berufsausbildung, möchte man anbieten. Prominentestes Beispiel sind dabei juristische Fächer.

Bis 2028 könnten laut internationalen Experten 40 Prozent aller Hochschüler an FHs studieren. Derzeit liegt der Anteil bei 13 Prozent. Damit diese Zahl ansteigt, müssten laut Fachhochschulkonferenz nach 2018 etwa 66.000 zusätzliche Studienplätze geschaffen werden, was rund 500 Mio. Euro pro Jahr zusätzlich kosten würde.

Studienrichtungen wie Physiotherapie oder Hebamme, wo auf dem Arbeitsmarkt schlicht kein Platz für zusätzliche Absolventen ist, würde das wahrscheinlich nicht betreffen. Ob das Interesse abnimmt, wird sich weisen. (lhag, 13.2.2016)