Geschützt vor Feuer, aber eben auch vor Blicken, ist das etwaige Kunstwerk im Inneren von Andreas Duschas "Tresor" (2016).

Foto: Ralf Kliem

Man kann es glauben oder nicht, dass in Andreas Duschas schöner Installation Tresor (2016) ein weiteres Kunstwerk heranreift. Der Künstler versichert jedenfalls, dass das Innere des verspiegelten Stahlkastens mit Fotopapier ausgekleidet sei. Das bedeutet: Immer, wenn jemand die Abdeckung des Schlüssellochs lüpft und damit Licht hineinlässt, wird ein Bild aufgezeichnet – nach dem Prinzip der Lochkamera.

Aber freilich, öffnete einer diesen Tresor, so wäre die Mehrfachbelichtung entweder zerstört oder – befände man sich in einer Dunkelkammer, um gleich zu printen – zumindest fixiert. Ein Hasardspiel. Denn wer kennt schon den richtigen Zeitpunkt? Ist es nicht gescheiter, beim bloß imaginierten Kunstwerk zu bleiben, das doch zumindest recht wertvoll sein muss, weil es sonst wohl kaum eines Tresors bedürfte? Zumal eine Fotoserie über Kuckuckseier an der Wand (Brutparasit, 2016) daran gemahnt, dass es auch Mogelpackungen gibt.

Krieg und Schmeichelei

Das Motiv der gefälligen Ummantelung subversiver Botschaften bildet den losen roten Faden durch Duschas Ausstellung in der Galerie Christine König. Winning hearts and minds heißt sie, nach einer Kriegstaktik, die es vorsieht, den politischen Gegner nicht durch rohe Gewalt, sondern durch freundliches Entgegenkommen zu überrumpeln – insbesondere der Zivilbevölkerung gegenüber.

Der kriegerisch-ambivalente Titel verleiht Duschas Schau eine durchaus düstere Grundstimmung, die man in der gedämpften Farbigkeit wiederentdecken mag: Zwischen Schwarz-, Weiß- und Metalltönen ist das Bunteste bisweilen schon die Oxidation auf diversen Spiegeln. Letztere sind ein wiederkehrendes Element bei Duscha, der sich nicht zuletzt als Bilderkritiker versteht.

Die Arbeit Telephone I (2016) etwa beruht auf jenem Mann, der nach den Anschlägen in Paris durch die Medien tingelte, weil er erzählte, sein ans Ohr gehaltenes Handy habe ihn vor einem Bombensplitter geschützt. Er konnte diesen "Typen" nicht mehr sehen, sagt Duscha, der sich daraufhin entschloss, die Sprünge im beschädigten Handy monumental an die Wand zu malen.

Nun spiegelt sich dieser Risskranz im dunkelgrauen Glas der Arbeit Telephone II (2016), in das Zeilen Robert Frosts geätzt sind: "The woods are lovely, dark, and deep / But I have promises to keep, / And miles to go before I sleep". Hinter der Lyrik verbirgt sich dabei nichts Geringeres als eine Anspielung auf Schläfer: Mit denselben Worten werden im Agentenfilm Telefon (1977) eingeschleuste Kämpfer "aktiviert".

Duscha verknüpft popkulturelle, literarische und wissenschaftliche Referenzen auf schöne, poetisch-schweifende Art. Nur gelegentlich beschleicht einen das Gefühl, dass hier auch auf den Umstand gebaut wird, dass Kunstwerke, die sich irgendworin spiegeln, oft wohl ein Alzerl tiefsinniger wirken, als sie eigentlich sind.

Ein wenig beliebig wirkt etwa die formale Umsetzung in Cointelpro (2013): In Anspielung auf das aggressive Counterintelligence Program des FBI zwischen 1965 und 1971 übertrug Duscha die Buchstaben des Akronyms – in FBI-Typografie – auf einzelne Zeitungsseiten, um dann die Bereiche außerhalb der Lettern zu schwärzen. Man mag sich hier durchaus fragen, wie adäquat es ist, sich dem Psychoterror, den das FBI etwa auf die Bürgerrechtsbewegungen ausübte, von seiner Typografie her zu nähern. (Roman Gerold, Album, 12.2.2016)