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Kanye West präsentierte nicht nur das neue Album "The Life of Pablo", ...

Foto: REUTERS/Andrew Kelly

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... sondern auch seine dritte Fashionlinie Yeezy Season 3.

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New York/Wien – Allgemein gesichert ist nur eines: Bei Kanye West geht das Mundwerk zuerst ins Bett – und wenn dann noch Platz ist, legt er sich dazu. Das hat ihn im für Bescheidenheit nicht unbedingt geeigneten Popgenre zu einem der größten Stars der Gegenwart werden lassen. Er selbst bezeichnet sich in selbstreflexiven Phasen schon einmal als Genie, wenn nicht gar als einen Gott.

Der derzeitige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika hat ihn in einer ungewohnt scharfen diplomatischen Note aufgrund eines irren Auftritts Kanye Wests bei den Grammy Awards 2009 einen "Schwachkopf" genannt. Das ist nicht nichts. Kanye West hat sich das zu Herzen genommen. Er bekundete, 2020 US-Präsident werden zu wollen.

Zu einem Staatsbesuch beim österreichischen Bundespräsidenten Richard Lugner könnte er seine Ehefrau Kim Kardashian als Königinmutter aller It-Girls mitnehmen. Die beiden First Ladies Kim und Cathy könnten sich im Rahmen des Damenbesuchsprogramms statt der ewigen Kinderkliniken und Hochbegabtenschulen in der Wiener Innenstadt ein wenig botoxen lassen, bevor es in die kaiserliche Schatzkammer zum Shopping geht.

Es ist also kein Wunder, wenn Kanye West im Vorfeld der Veröffentlichung seines neuen, mittlerweile siebten Albums, "The Life of Pablo", zuerst davon spricht, dass es sich dabei um eines der besten musikalischen Werke aller Zeiten handle. Wie wird auf "The Life of Pablo" im Stück "Freestyle 4" so treffend gerappt: "Name one genius that ain't crazy."

Latent größenwahnsinnig

Das Album wurde in der Nacht zum Freitag nun im 20.000 Besucher fassenden New Yorker Madison Square Garden präsentiert. Wie es sich für einen ebenso selbstbewussten wie latent größenwahnsinnigen, allerdings immer auch geschäftstüchtigen Star gehört, kombinierte Kanye West dabei seinen Brotberuf mit einem finanziell wahrscheinlich nicht viel uninteressanteren Hobby.

Da gerade die New Yorker Fashion Week läuft, präsentierte West im Rahmen der wohl größten Modeschau aller Zeiten seine dritte Fashionlinie Yeezy Season 3. Sie ist in gedeckten Rentnerfarben gehalten, schlicht, funktional, zart sportiv, ein wenig avantgardistisch in den windschiefen Details. Außerdem hat West für Adidas Schuhe entworfen, laut Ihro Merkwürden weltweit das Weihnachtsgeschenk numero uno.

Zu sehen und zu hören gab es vor 20.000 Leuten, die laut US-Presse zumindest teilweise im alten griechischen Theatersinn dafür bezahlt wurden, um dem Ereignis enthusiastisch beizuwohnen, vor allem aber eines: sehr, sehr wenig. Kanye West stand irgendwo mitten im Saal hinter einem Laptop und spielte der Welt sein neues Album per Start/Stop-Taste vor.

Dazwischen erzählte Seine Schrulligkeit im Wesentlichen davon, wie wild das Leben und wie hart der Beruf sei. Ein Kanye'sches Computerspiel namens "Only One – The Game" wurde auch präsentiert. Es zeigt im Trailer, wie Kayne Wests Mutter Flügel wachsen und sie in den Himmel fliegt. Das ist das Mindeste. Sie ist doch die Beste.

Musikalisch alles beim Alten

Die Veranstaltung wurde weltweit in hunderte Kinos live übertragen oder über den im Mitbesitz von West befindlichen Streaming-Dienst Tidal gesendet. Dazu wackelte Kanye West mit ein paar Haberern launig im Takt. Ist ja gute Musik, er hat sie selbst gemacht. Musikalisch ist alles beim Alten, obwohl nun zur ruckelnden und zuckelnden Sperrigkeit der minimalistischen Beats oft reichlich bizarre bis bedrohliche Gospelchöre und Kirchenorgel dazukommen: "We don't want no devils in the house, we want the Lord." Autotune ist auch noch immer angesagt. Im gemeinsam mit Rihanna vorgetragenen Blockbuster "Famous" träumt West davon, Sex mit Taylor Swift zu haben.

Dazu ließ er die italienische Performancekünstlerin Vanessa Beecroft, die vor allem durch ihre Photo-Stills nackter Massenszenen zum Kunststar wurde, eine doch recht ungewöhnliche Modeschau inszenieren. Auf mit kunstvoll abgeschmuddelten Tüchern drapierten Podesten, die sehr wahrscheinlich an Flüchtlingsboote erinnern sollten, standen, saßen, fläzten gut 50, meist schwarze Models und schauten still und starr ins Publikum. Ui-jui-jui. Resting-Bitch-Faces sind sehr effektiv. Man fühlte sich unwohl, auf jeden Fall aber betroffen. Immerhin dauerte die ganze Sache über eine Stunde. "I love you like Kanye loves Kanye." Das beruhigt auch nicht wirklich. (Christian Schachinger, 12.2.2016)