Wer auf dem Klo hockt, macht alles richtig.

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1978 hat das Magazin "Time" den Proktologen Michael Freilich zu den schweren Hämorrhoiden des damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter befragt. Freilichs Aussage war ein Tabubruch: "Wir sind nicht dafür gemacht, auf Toiletten zu sitzen, wir sind dafür gemacht, auf dem Feld zu hocken." Erledigen wir unser Geschäft also demnächst wieder im Gebüsch?

Toiletten mit Wasserspülung sind für die westliche Welt eine der bedeutendsten Errungenschaften der Moderne und das wahrhaftige Zeichen für Zivilisation. Wir halten Toiletten und unsere aufrechte Haltung darauf für würdevoll und hygienisch. Was sich heutzutage kaum jemand vorstellen kann, war aber im 19. Jahrhundert auch in Europa, zumindest in den unteren Schichten der Gesellschaft, noch üblich: Darmentleerung in der Hockposition. Erst mit der Wasserspülung begann das große Sitzen. In vielen Regionen der Welt ist die Hocktoilette nach wie vor weit verbreitet, etwa in Zentralasien, Afrika, dem arabischen Raum, Südostasien, China, der Türkei, Japan, Indien und in manchen Regionen Frankreichs.

Sitzt die westliche Welt also falsch auf dem Klo? Proktologe Freilich gab schon in den 70er-Jahren den Sitztoiletten die Schuld an den Hämorrhoiden des Präsidenten. Aber was ist dran an der Behauptung? Schadet die Sitzposition tatsächlich der Gesundheit?

Klare Vorteile des Hockens

Stefan Riss, Leiter der chirurgischen Beckenbodenambulanz im AKH Wien, kennt nur zwei wissenschaftliche Studien, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben. Eine hat Toilettenbesucher in Sitzposition und Toilettenbesucher in Hockposition verglichen und per anschließender Befragung herausgefunden, dass die Hocker ihren Darm vollständiger entleeren konnten, schneller fertig waren und weniger pressen mussten.

Das sind allesamt Vorteile, die für die Gesundheit des Darms nicht zu verachten sind. "Patienten mit Entleerungsstörungen brauchen oft eine beträchtliche Zeit für den Stuhlgang. Eine Veränderung der Position könnte das Problem lösen", sagt Riss. Durch Dehnen und starkes Pressen können Nerven beleidigt werden und Hämorrhoiden entstehen.

Anatomisch lassen sich die Vorteile der Hockposition mit einer zweiten Studie erklären. Den Teilnehmern wurde dafür anal ein Kontrastmittel eingeführt, das sie während einer Röntgenuntersuchung des Darms wieder ausscheiden sollten. Dabei nahmen die Teilnehmer die sogenannte Denkerposition ein, also den Oberkörper nach vorne gelehnt und den Ellbogen am Knie abgestützt. Diese Studie hat gezeigt, dass schon durch eine kleine Veränderung der Haltung auf dem Klo der Darm besser entleert werden kann. Riss erklärt, dass durch diese Haltung der anorektale Winkel stumpfer wird. Bei der Hockposition liegt der Darm also in einer geraden, aufrechten Position und wird nicht abgeknickt. In der Sitzposition kommt hingegen weniger Stuhl durch – ähnlich wie bei einem abgeknickten Strohhalm, der keine Limonade durchlässt.

Pressen nicht notwendig

Eine komplette Entleerung des Darms ist auf Dauer für die Gesundheit essenziell. "Bei der üblichen Sitzposition ist das letzte Mastdarmstück abgeknickt, und Stuhlreste können nach dem Gang zur Toilette im Darm zurückbleiben. Auf längere Zeit können diese Rückstände zu Krankheiten, im schlimmsten Fall sogar zu Krebs führen", sagt Mikulas Rottmann, Chirurg in Wien. Er empfiehlt, auf dem Klo in die Hocke zu wechseln. Dass man beim Stuhlgang pressen muss, ist ein Irrglaube. "In der Hocke entspannt sich der Schließmuskel, dadurch kommt der Stuhl ohne Widerstand raus, und der Vorgang ist viel effektiver", sagt Rottmann.

Wie soll jetzt aber Otto Normalklobesucher auf einer Sitztoilette in die Hocke wechseln? Auf die Klobrille steigen oder gar ein neues WC einbauen lassen? Ein Toilettenhocker kann hier Abhilfe schaffen. Etwa der amerikanische Squatty Potty oder der deutsche Hoca-Toilettenhocker aus dem Sauerland. Einmal unter die Toilette geschoben und die Füße draufgestellt, hockt man im gesunden 35-Grad-Winkel auf dem Klo. Stuhlgang gerettet! (Bernadette Redl, 15.2.2016)