Es war Microsofts "One more thing" auf seiner vergangenen Entwicklermesse "Build". Nachdem man, wie allgemein erwartet worden war, das Surface Pro 4 vorgestellt hatte, zogen die Redmonder eine bis dahin gut versteckte Karte aus dem Ärmel: Ihren ersten Laptop, der nun in Österreich vorbestellbar ist und ab 18. Februar ausgeliefert wird.

"Surface Book" taufte man das Gerät, das trotz seiner Notebook-artigen Ästhetik im Kern eigentlich ein Convertible ist. Während beim Surface Pro die Tastatur allerdings ein optionales, zusätzlich zu erwerbendes Accessoir ist, präsentieren sie sich beim Book als zusammengehörig. Zu verstehen ist das Gerät mit Windows 10 als Kampfansage an schlanke Highend-Laptops von Apple und anderen Konkurrenten.

Der WebStandard hat versucht herauszufinden, ob dieser Vorstoß geglückt ist.

Foto: derStandard.at/Pichler
Foto: derStandard.at/Pichler

In Sachen Design hat Microsoft sich sichtlich Mühe gegeben, Akzente zur Unterscheidung zu setzen. Keyboard und Tablet sind in die schon von anderen Surface-Geräten bekannte Magnesium-Legierung eingefasst. Der Touchbildschirm (13,5 Zoll, 3.000 x 2.000 Pixel) sitzt auf einem Klappmechanismus, das ob seiner Gestaltung den Beinamen "Snake Hinge" ("Schlangenscharnier") erhalten hat. Einen ausklappbaren Standfuß wie das Surface Pro hat er nicht.

Geschmäcker sind freilich verschieden, subjektiv weiß das Surface Book aber zu gefallen. Hohe Standards liefert Microsoft in puncto Verarbeitung. Alles sitzt, es gibt keine bedenklichen Spalten, Tasten wabbeln nicht und auch die Tastatur liefert trotz der etwas sehr flachen Tasten einen angenehmen Druckpunkt.

Bei den Anschlüssen herrscht allerdings ähnliche Armut, wie bei immer mehr Geräten dieser Art. Ein DisplayPort ermöglicht die Anbindung weiterer Bildschirme, zwei USB 3.0-Ports dienen zum Anstecken von Accessoires und Steuergeräten und ein SD-Reader erlaubt den Umgang mit Speicherkarten. Daneben gibt es einen magnetischen Ladestecker und jene Kontakte, welche die Basis mit dem Tablet verbinden.

Foto: derStandard.at/Pichler
Foto: derStandard.at/Pichler

Sämtliche Ein- und Ausgänge befinden sich an der Tastatur. Lediglich die Kameras (acht Megapixel rückseitig, fünf Megapixel an der Front) sitzen oberhalb des Bildschirms. Die Fotoqualität der Hauptkamera fällt eher mäßig aus und reicht bestenfalls für Schnappschüsse. Mit der Frontkamera lässt sich ganz brauchbar videotelefonieren, wenn man nicht gerade in einem dunklen Kämmerchen hockt. Für Drahtlosverbindungen stehen Bluetooth 4.0 und 802.11ac-WLAN zur Verfügung.

Was sonst unter der Haube steckt, kommt auf die Ausführung des jeweiligen Geräts an. Denn das Surface Book wird in vier Varianten angeboten. Für rund 1.650 Euro gibt es eine Fassung mit 128 GB SSD, Intel Core-i5-CPU, 2.070 Euro bringen den doppelten Speicherplatz und eine dedizierte Nvidia-GPU, die unterhalb der Tastatur sitzt. 2.319 Euro will Microsoft für ein Upgrade auf einen Core-i7-Prozessor und für stolze 2.919 Euro erhält man gar 512 GB Speicher und 16 statt 8 GB Arbeitsspeicher. Getestet wurde letztgenannte Version, also die absolute Luxusausführung des Surface Book.

Ein genaues Modell für den genutzten Grafikchip gibt Microsoft übrigens nicht an. Bekannt ist allerdings, dass es sich um eine Karte mit einem GB GDDR5-Arbeitsspeicher handelt. Performancetechnisch bewegt sich das Modul circa um Niveau der GT 940M. Office, Streaming, Multimedia, ältere Spiele und aktuelle Casual Games bereiten dem Convertible also wenig Probleme.

Foto: derStandard.at/Pichler
Foto: derStandard.at/Pichler

Bei höheren Ansprüchen an die 3D-Wiedergabe wird der Chip allerdings zum Flaschenhals für den Prozessor, erst recht, wenn man die hohe native Auflösung nutzt. Bei einem Durchlauf mit dem "Valley"-Benchmark von Unigine (DirectX 11) plagte sich das Surface Book mit zwei bis acht Frames pro Sekunde auf der Kamerafahrt durch die wunderschöne Waldlandschaft.

Bei einer stärkeren Grafikeinheit hätte man sich ob der schlanken Bauform aber wohl ernsthafte Hitzeprobleme eingehandelt. Laufen Prozessor und GPU unter Volllast, wird der Takt der Dualcore-CPU bereits nach 10 bis 20 Sekunden von den maximalen 3,4 GHz auf 2,9 GHz nach unten gedrosselt, da er dann bereits an der kritischen Temperaturmarke von 80 Grad nagt. Der integrierte Lüfter erreicht hier auch seinen maximalen Lärmpegel, der akustisch jedoch sehr diskret ist. Die Bildschirmeinheit erwärmt sich spürbar, erreicht aber äußerlich keine unangenehmen Temperaturen.

Im Geekbench-Test erzielt der Prozessor übliche Werte für Hardware seiner Klasse. Die günstigste Surface Book-Variante nutzt ausschließlich den integrierten Intel-Grafikchip. Diese ist performancetechnisch deutlich unter die dedizierte Nvidia-Lösung zu stellen.

Am Display des Surface Book gibt es ebenfalls kaum etwas auszusetzen. Die maximale Helligkeit ist angenehm hoch, Farben strahlen kräftig und die Kontraste sind ordentlich. Einzig die automatische Helligkeitsregelung gibt sich manchmal zu nervös und bei direktem Lichteinfall wird die Umgebung recht stark gespiegelt.

Foto: derStandard.at/Pichler
Foto: derStandard.at/Pichler

Wer gerne digital zeichnet wird sich über den beigelegten Surface Pen freuen. Per einfachem Klick lässt sich OneNote starten und drauflos zeichnen. Zwei Klicks lösen einen Screenshot aus. Die Erkennung von Zeichenbewegungen und Druck funktioniert verzögerungsfrei. Wer flott etwas notieren, skizzieren oder ein kleines Kunstwerk erschaffen möchte, ist hier definitiv gut aufgehoben – mit einem "Aber".

Hier wären wir bei der ersten Schwäche des Surface Book. Der Snake Hinge hält das Tablet gut an seinem Platz, reagiert aber sehr "elastisch" auf Druck und Bewegungen. Der Bildschirm fängt sehr leicht etwas zu wippen an, was etwa bei Zugfahrten lästig werden könnte und beim Zeichnen definitiv stört. Hier sollte man den Bildschirm auf jeden Fall abnehmen.

Punkt 2 der Mängelliste

Das führt uns direkt zu Punkt 2 der Mängelliste. Um das Tablet von der Tastatur trennen zu können, muss der Haltemechanismus erst per Tastendruck gelöst werden. Das allerdings verweigert das Gerät mitunter aus unerfindlichen Gründen. Es kann auch vorkommen, dass eine Fehlermeldung angezeigt wird, das Abnehmen aber trotzdem möglich ist.

Generell erweist sich die Umsetzung auf mechanischer Ebene als nicht hundertprozentig ausgereift, was bei einem Produkt dieser Preisklasse nicht vorkommen sollte. "Lebensbedrohlich" für das Gerät – im Sinne höherer Abnutzung – ist dieses Manko allerdings nicht.

Foto: derStandard.at/Pichler
Foto: derStandard.at/Pichler

Das Surface Book bringt auch "Windows Hello" mit, eine neue Loginmethode und der dritte Eintrag der Nörgelchecklist. Per Gesichtserkennung – hier stützt sich die Frontkamera auf ein zusätzliches Infrarotmodul – wird theoretisch ein schnellerer Login ermöglicht. Im Testlauf lief die Erkennung, egal ob mit oder ohne aufgesetzter Brille, aber oft nach dem Prinzip "Hit and Miss". Alle drei bis vier Logins mussten wiederholt oder per Passwort bzw. PIN erledigt werden. Hier besteht Potenzial für softwareseitige Nachbesserungen.

Hat man sich an die Haptik der hintergrundbeleuchteten Tastatur gewöhnt, arbeitet es sich damit ganz gut. Auch das Trackpad mit seinen zwei versteckten Maustasten verrichtet seinen Dienst ordentlich. Lob verdienen sich die integrierten Dolby-Frontlautsprecher, die zwar mit tiefen Bässen nicht mehr mitkönnen, für ein mobiles Gerät aber sehr gute Akustikdarbietung liefern.

Foto: derStandard.at/Pichler
Foto: derStandard.at/Pichler

Als Tablet eignet sich das Surface Book bzw. die Bildschirmeinheit nur eingeschränkt. Mit 726 Gramm ist sie für ihre Größe zwar verhältnismäßig leicht (insgesamt wiegt das Surface Book rund 1,6 Kilogramm), für dauerhaftes Halten aber ungeeignet. Die Diagonale von 13,5 Zoll reduziert auch die Portabilität. Microsoft hat den Fokus ganz klar auf Laptop-Nutzung gelegt, der abnehmbare bzw. umdrehbare Bildschirm erlaubt aber stationär einen flexibleren Einsatz.

Über die Akkulaufzeit lassen sich auf Basis von Benchmarks nur ungefähre Aussagen machen. Setzt man das Surface Book unter Volllast, gehen die Lichter nach etwa drei Stunden aus. Laut US-Rezensionen sind bei normaler Verwendung etwa sieben bis acht Stunden zu erwarten. Die Tableteinheit schafft allein, also ohne dem Zusatzakku in der Tastatur, circa vier Stunden. Microsoft gibt für das Surface Book offiziell ein Durchhaltevermögen von 12 Stunden bei Videokonsum an.

Fazit

Mit dem Surface Book ist Microsoft ein technisch beeindruckender Neuzugang zu seinem Gerätesortiment gelungen. In Sachen Verarbeitung müssen sich die Redmonder nicht vor anderen Konkurrenten verstecken. Und in ästhetischer Hinsicht trumpft man mit einem sehr eigenen Look auf.

Hardwareseitig hat man fast alles richtig gemacht, sieht man von der spärlichen Anschlussausstattung ab, die für Vielnutzer die Anschaffung eines Docks oder anderer Accessoires erforderlich machen dürfte. Das Convertible eignet sich problemlos für Arbeit und Multimedia, die Varianten mit Geforce-Grafik befriedigen auch zurückhaltendere Gaming-Ansprüche.

Die Möglichkeit, den Bildschirm zu entkoppeln, ist sinnvoll, auch wenn die Tableteinheit nicht unbedingt das portabelste Gerät ist. Schreiben und Malen mit dem beiliegenden Stift, der magnetisch am Gehäuse haftet, geht problemlos. Einzig einen Einschub oder eine andere verlässlichere Befestigungsmöglichkeit gibt es nicht.

Gewagter Preis

Verbesserungswürdig ist der Windows Hello-Login per Infrarot-Unterstützung. Und am Scharnier sollte Microsoft bis zur nächsten Generation ebenfalls noch etwas arbeiten. Denn Zeichnen mit aufgeklapptem Display ist mühsam, und die Entriegelung ist nicht optimal gelöst und funktioniert zudem bei niedrigem Akkustand oder leerem Akku nicht.

Lob verdienen sich hingegen die integrierten Lautsprecher. Auch für ein Gerät höherer Preisklasse hören sich diese ziemlich gut an und können problemlos ein größeres Wohnzimmer beschallen.

Ob das Surface Book ein kommerzieller Erfolg wird, bleibt abzuwarten. Mit dem Surface Pro hat Microsoft selbst eine sehr ähnliche Lösung im Programm, die vor allem in puncto Grafikleistung unterlegen, dafür aber mobiler und deutlich leistbarer ist. Mit dem üppigen Preispunkt des neuen Convertibles fährt Microsoft im Grunde eine Strategie, wie man sie von Apple kennt. Eine durchaus riskante Strategie, auch für ein Windows-Flaggschiff. (Georg Pichler, 14.02.2016)