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Man konnte sich an einen Staatsbesuch erinnert fühlen, als eine schwarze Luxuslimousine Montagfrüh in einem Konvoi von Jerusalem losfuhr und am Ziel nervöse Leibwächter des Staatssicherheitsdienstes umherhuschten. Doch der hohe Fahrgast, dem als ehemaligen Premierminister noch immer Personenschutz zusteht, wurde nicht mit Fanfaren empfangen, sondern verschwand gesenkten Blicks hinter einer schmalen grauen Gefängnistür im Städtchen Ramle.

Ehud Olmert ist der erste israelische Ex-Regierungschef, der eine Haftstrafe antreten musste; ein "Ereignis", das von allen wichtigen Fernseh- und Radiosendern des Landes live übertragen und von Kommentatoren als "seltsam" und "beschämend" bezeichnet wurde.

"Mit allem Nachdruck"

Zuvor hatte Olmert eine Art Abschieds-Videobotschaft verbreitet. Im offenen blauen Hemd und mit verhärmtem Gesicht beteuerte der 70-jährige abermals seine Unschuld: "Ich weise die Anschuldigung der Bestechungsannahme mit allem Nachdruck zurück. Mir ist es wichtig, zu betonen, dass keiner der Vorwürfe, wegen derer ich verurteilt wurde, meine Amtszeit als Premierminister betrifft. Während meiner vielen Tätigkeiten habe ich auch Fehler gemacht, aber keiner davon stellt eine Straftat dar."

Die Behörden wollten demonstrieren, dass der prominente Neuzugang keine Vorzugsbehandlung bekommen würde. "Er wird fotografiert, bekommt eine Häftlingsnummer, wird von einem Arzt untersucht, eine Sozialarbeiterin spricht mit ihm, dann bekommt er die Häftlingskleidung", beschrieb Rami Ovadia, ein früherer Direktor des Gefängnisses, die Prozedur. In israelischen Zeitungen konnte man auch lesen, mit wie viel Unterwäsche und wie viel Paar Socken der einst mächtigste Mann im Staat nun auskommen muss.

Kaum Kontakt

Doch die Anstaltsleitung hatte die Aufnahme des VIP-Sträflings natürlich sorgfältig vorbereitet. Unter hohen Kosten wurde ein Flügel des Gefängnisses renoviert und vom restlichen Gebäude isoliert. Weil Olmert als gefährdet gilt und Staatsgeheimnisse kennt, wird er nur mit wenigen ausgewählten Mithäftlingen in Kontakt kommen. Im selben Gefängnis sitzt der frühere Staatspräsident Mosche Katzav, der wegen schwerer Sexualdelikte sieben Jahre bekommen hat, aber wegen guter Führung bald freikommen könnte.

Olmert, damals Chef der liberalen Kadima-Partei, hatte Ende 2008 vom Amt des Regierungschefs zurücktreten müssen. Bei verschiedenen Korruptionsermittlungen, die in seine Zeiten als Bürgermeister von Jerusalem und später als Handelsminister zurückreichten, ging es um Bargeld-Kuverts, um Doppelverrechnungen für Reisen oder auch um Schmiergelder für ein Mammut-Bauprojekt. Es gab mehrere Prozesse, Schuldsprüche, Freisprüche und Revisionen. Nach jetzigem Stand soll die Haftdauer für Olmert 19 Monate betragen, was aber noch von verschiedenen Berufungsverfahren abhängt. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, 15.2.2016)