Die Klosterneuburger wollen keine "TU"-Taferln.

Foto: Zyance/Wikimedia (CC By-Sa 2.5)

Wien – Für manche ist das Nummernschild am Auto nur eine Blechtafel mit Buchstaben und Ziffern. Nicht so für Klosterneuburgs Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager (ÖVP): "Die Kennzeichenfrage ist eine Identitätsfrage", sagt er im STANDARD-Gespräch. Vor dieser "Identitätsfrage" steht Klosterneuburg derzeit, da der Bezirk Wien-Umgebung ab 1. Jänner 2017 nicht mehr existiert, wie das Land Niederösterreich im Herbst bekanntgab. Die 26.000-Einwohner-Stadt gliedert sich dann in den Bezirk Tulln ein, dessen Kfz-Kennzeichen auf "TU" lauten. "WU" wird zum Auslaufmodell.

Das schmeckt den Klosterneuburgern offenbar nicht. "Wien-Umgebung war eine Region", sagt der Bürgermeister. "Das ist kein Gegen-Tulln-Sein, aber wir sind eine andere Stadt." Tulln ist mit 16.000 Einwohnern auch deutlich kleiner als Klosterneuburg. "TL" für Tulln-Land hielte Schmuckenschlager für "noch skurriler". Seine Lösung: eine eigene Kennung, lautend auf "KG". "KB" ist den Fahrzeugen der 63.000 Einwohner des Bezirks Kitzbühel – davon 8.300 in der namensgebenden Stadtgemeinde – vorbehalten.

Die Klosterneuburger ÖVP hat Unterschriften für "KG" gesammelt, massenhaft Pickerl in "KG"-Taferlform in Umlauf gebracht und vergangene Woche verkündet, bei den Unterzeichnungen die 5.000er-Marke durchbrochen zu haben. Noch nie seien in Klosterneuburg so viele Unterschriften gesammelt worden. Die Bürger unterzeichneten zugleich zwei weitere VP-Ideen: eine "Symbiose" von Rathaus und Außenstelle der Bezirkshauptmannschaft (BH) sowie eine Machbarkeitsstudie darüber, ob Klosterneuburg Statutarstadt werden soll.

Wunsch nach Statutarstadtrang

Beides ist längst im Rollen. Die Machbarkeitsstudie, deren Kosten Schmuckenschlager mit rund 50.000 Euro beziffert, ist in Arbeit, und über den Preis des bisherigen Gebäudes der Bezirkshauptmannschaft, wo Rathaus und BH-Außenstelle vereint Platz fänden, laufen Gespräche mit dem Land. Das Haus dürfte um rund sechs Millionen Euro den Besitzer wechseln – was die Grünen für zu teuer halten, die fürchten, dass der Rathausplatz dann verwaist.

Mit Statutarstadtrang stünde Klosterneuburg in einer Reihe mit Wiener Neustadt, Sankt Pölten, Krems und Waidhofen an der Ybbs. Sie alle verfügen über ihr eigenes Stadtrecht – und eine eigene Nummerntafel. Insgesamt existieren in Österreich 15 solcher Städte, zuletzt wurde Wels dazu – vor 52 Jahren. Eine Statutarstadt ist zugleich Bezirksverwaltungsbehörde für das eigene Gebiet – und das kostet Geld.

Höhere Verwaltungskosten würden die vom Land erwirkte Bezirksauflösung konterkarieren, weshalb Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) die Idee im Herbst ablehnte. Man achte "mit Argusaugen" darauf, dass das Einsparungspotenzial "nicht durch neue Strukturen wieder kaputtgemacht wird", hieß es auf Nachfrage aus Prölls Büro.

Vorschlag eines neuen Wiener Gemeindebezirks

Schmuckenschlager nennt sich selbst "keinen Verfechter" der Idee, er wolle sie aber prüfen lassen. Ebenso den von einem Gemeinderatsmandatar aufgebrachten Vorschlag, Klosterneuburg zum 24. Bezirk Wiens werden zu lassen. Auch für diese Vision können Klosterneuburger derzeit unterschreiben; rund 700 sollen es bisher getan haben. Entsprechende Pickerl mit "W" fehlen nicht.

Wird aus dem Statutarstadtrang nichts, muss "KG" für Klosterneuburg kein Traum bleiben. Immerhin haben andere Orte in Österreich mit Außenstelle der Bezirkshauptmannschaft auch ihr eigenes Kennzeichenkürzel, etwa Gröbming in der Steiermark ("GB"). In Nummerntafelfragen verweist man beim Land an das Verkehrsministerium. Dort heißt es aber, die Grundlage sei in der Landesverfassung zu regeln.

Schmuckenschlager gibt zu bedenken: Sollten andere Städte mit BH-Außenstelle Klosterneuburg nacheifern, könne das Land ganz elegant dagegenhalten, dass Klosterneuburg die größte Stadt mit Außenstelle sein werde. Alle anderen Städte mit ähnlicher Einwohnerzahl sind in Niederösterreich tatsächlich selbst Sitz einer Bezirkshauptmannschaft. Vielleicht liegt ja darin die eigentliche Identitätskrise Klosterneuburgs. (Gudrun Springer, 15.2.2016)