Klosterneuburg – Strömungswirbel haben etwas mit Epidemien und Waldbränden gemeinsam: Auch sie fangen klein an und nehmen durch zufallsbedingte Ausbreitung zusammenhängende Gebiete in Beschlag, fanden österreichische Forscher mit Kollegen heraus. Im Fachjournal "Nature Physics" identifizierten sie nun den Übergang von geradliniger zu turbulenter Strömung als sogenannte "gerichtete Perkolation".

"Bei niedrigen Fließgeschwindigkeiten ist die Scherströmung etwa in Röhren und Kanälen stets geradlinig (laminar), so als ob Schichten wohlgeordnet übereinander gleiten", erklärte Studienleiter Björn Hof vom Institute of Science and Technology (IST) Austria in Klosterneuburg (NÖ). Nimmt die Geschwindigkeit zu, entstehen Turbulenzen. Die Art des Übergangs und ihre Ausbreitung sei bisher aber ein Rätsel gewesen. Vor allem die langen Zeitbereiche, in denen sich entscheidet, ob kleine Turbulenzen wieder zerfallen oder sich ausbreiten, habe es schwer gemacht, dies experimentell zu ergründen.

Kritische Koexistenz

Die Forscher um Hof haben nun die Scherströmung einer viskosen Flüssigkeit zwischen zwei gegenläufig bewegten Platten (Couette-Strömung) untersucht. "So wie in Rohren und Kanälen tauchen hier die ersten Turbulenzen zuerst in kleinen Bereichen auf und scheinen fröhlich mit den laminaren Bereichen nebeneinander leben zu können", so Hof. Die Untersuchungen über äußerst lange Zeiträume hätten allerdings gezeigt, dass turbulente und laminare Regionen einander in Wirklichkeit bekämpfen.

Unterhalb einer kritischen Geschwindigkeit gewinnt immer die laminare Phase, darüber kann die Turbulenz aber nicht mehr ausgelöscht werden und die beiden koexistieren. Das Muster von laminaren und turbulenten Bereichen wechselt dabei ständig, so die Forscher.

Genau dies kennt man von einem statistischen Modell namens "gerichtete Perkolation". Perkolation lässt sich unter anderem auch auf Phänomene wie die Ausbreitung von Waldbränden oder Epidemien in einer Bevölkerung anwenden. "Der Zufall spielt genau so mit, ob eine Person eine andere ansteckt oder diese immun ist, wie wenn eine turbulente Zelle ihren Nachbarn 'infiziert' oder wieder zerfällt", sagte Hof.

Direkte Perkolation

In den Experimenten konnten die Forscher nun beweisen, dass der Phasenübergang zwischen laminarer und turbulenter Strömung zumindest bei der Couette Strömung in die Klasse der "gerichteten Perkolation" fällt.

Die Theorie zur Perkolation sagt voraus, dass man mit drei Größen, den sogenannten "kritischen Exponenten", die Phasenübergänge beschreiben kann. "Diese drei unabhängigen Zahlen haben wir jetzt erstmals für den Turbulenzübergang bestimmen können", so Hof. Mit den Versuchen habe man daher nicht nur die Antwort auf die Frage gefunden, wie Turbulenz in Strömungen beginnt, sondern auch einen der ersten experimentellen Belege für die direkte Perkolation überhaupt geliefert. (APA, 15.2.2016)