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Auf dem Bau versuchen besonders viele Osteuropäer ihr Glück. Für den Arbeitsmarkt wird der Zuzug immer problematischer.

Foto: dpa / Andreas Gebert

Wien – Auf Österreichs Skihütten wird immer öfter Ungarisch gesprochen, auch slowakische Kellner oder rumänische Küchenhilfen sind längst keine Seltenheit mehr. Der Zuzug osteuropäischer Arbeitskräfte nach Österreich ist ungebrochen und konzentriert sich auf die Branchen Gastgewerbe, Bau, Reinigung und Gesundheit. Bildeten einst – nach Deutschen – türkische Staatsbürger die größte ausländische Arbeiterschaft in Österreich, so sind das seit 2013 Ungarn. Im Vorjahr waren bereits 71.000 Ungarn hierzulande tätig.

Auch der Zustrom aus anderen Ostländern hält an. 233.000 Beschäftigte aus den neuen Mitgliedsstaaten weist das Arbeitsmarktservice für 2015 aus. Damit hat sich die Zahl der Osteuropäer mit Jobs in Österreich seit 2010 mehr als verdoppelt. Die Prognosen vor der Arbeitsmarktöffnung wurden dadurch deutlich übertroffen.

Der Zuzug hat auch angehalten, seitdem die Wirtschaft lahmt und die Arbeitslosenzahlen steigen. Damit ist der Druck auf schlecht ausgebildete Migrantenschichten stark gestiegen. So legte die Arbeitslosigkeit von Türken in den vergangenen fünf Jahren von 13 auf 20 Prozent zu. Allerdings findet der Verdrängungsprozess auch innerhalb der osteuropäischen Zuwanderer statt. Die Arbeitslosigkeit von Bürgern aus den Erweiterungsländern hat zum Teil stark zugenommen: Beispielsweise suchen 13,5 Prozent der hier lebenden Polen einen Job. Unter dem Strich liegt die Arbeitslosigkeit von Personen aus den 2004 beigetretenen Ländern bei 8,7 Prozent.

Viele Pendler

Damit schneiden sie freilich deutlich besser ab als Rumänen und Bulgaren, deren Arbeitslosigkeit bei 13,9 Prozent liegt. Insgesamt sind 30.000 Personen aus allen osteuropäischen Ländern in Österreich auf Jobsuche – fast dreimal so viel wie im Jahr 2010. Dass hier Rumänen oder Polen stärker betroffen sind als die direkten Nachbarn, hängt laut Wirtschaftsforscher Helmut Mahringer mit deren "Aufenthaltsverfestigung" zusammen. Ungarn oder Slowaken pendeln oft nach Ostösterreich und wohnen weiterhin in ihrer Heimat. Sie fallen daher seltener in das Arbeitslosensystem.

Der tatsächliche Andrang auf den Arbeitsmarkt ist in der Praxis aber weit größer, werden doch viele Personen über Entsendungen aus dem Ausland in Österreich tätig. Hier hat das Sozialministerium am Montag neue Daten veröffentlicht. Demnach wurden im Vorjahr knapp 90.000 Personen aus Osteuropa nach Österreich geschickt. Klassische Aktivitäten sind dabei Bau- oder Montagearbeiten.

Nach Fertigstellung kehren die Personen wieder in ihre Heimat zurück – theoretisch. Beklagt wird, dass die Entsendung dauerhaft stattfinde. Das Ministerium verfügt derzeit aber über keine Zahlen zur Länge der Entsendungen. Unternehmen und Gewerkschaften monieren zudem, es sei schwierig zu kontrollieren, ob tatsächlich – wie rechtlich vorgegeben – österreichische Mindestlöhne bezahlt werden. Überdies sind die Sozialbeiträge in Osteuropa in der Regel niedriger, wodurch die entsendeten Personen selbst bei Einhaltung der Lohnvorschriften billiger sind als heimische Arbeitskräfte.

Verlierer und Gewinner

Wie berichtet, will Bundeskanzler Werner Faymann hier gegensteuern. Die Dauer der Entsendung soll beschränkt werden, zudem würden Sozialbeiträge eingehoben, wie sie österreichische Beschäftigte zu entrichten haben, fordert die SPÖ. Auf eine echte Einschränkung der Personenfreizügigkeit, wie sie Arbeiterkammer-Direktor Werner Muhm und Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl thematisiert haben, zielt die Regierung nicht ab. Das wäre auch unrealistisch, meint Mahringer.

Für ihn besteht kein Zweifel, dass die Arbeitsmarktöffnung positive Effekte hatte. Allerdings habe ein plötzlicher Anstieg der Zuwanderung immer Auswirkungen auf die Arbeitslosigkeit. "Es gibt unterschiedliche Profiteure und Verlierer. Jetzt sollte es vor allem darum gehen, wie man mit den negativen Folgen der Öffnung umgeht", meint der Wifo-Experte. (Andreas Schnauder, 16.2.2016)