Düsseldorf – Die Stahlindustrie in Deutschland hat die von der EU-Kommission beschlossenen Maßnahmen gegen Billigimporte aus China als zu lasch kritisiert. Die am Freitag angekündigten vorläufigen Zölle seien zwar ein erster Schritt, sagte der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff, am Dienstag auf der "Handelsblatt Jahrestagung Stahlmarkt 2016" in Düsseldorf.

Die Höhe sei aber bei weitem nicht ausreichend. Die Dumpingspanne bei Importen des Werkstoffs aus China lägen in einer Größenordnung von fast 60 Prozent. Die nun beschlossenen Zölle lägen aber nur bei 14 bis 16 Prozent. "Damit wird das unfaire Verhalten der chinesischen Anbieter auf dem europäischen Markt nicht unterbunden."

Wenn China weiter ungebremst Billigstahl nach Europa exportiere, seien die hiesigen Hersteller in ihrer Existenz bedroht, kritisierte der Verbandschef. Die chinesische Stahlindustrie habe in den vergangenen drei Jahren ihre Exporte auf 111 Millionen Tonnen verdoppelt, während die Anbieter aus dem Rest der Welt ihre Ausfuhren um 20 Millionen Tonnen verringert hätten.

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Konzerne wie Thyssenkrupp und Salzgitter werfen den Konkurrenten aus Fernost vor, mithilfe staatlicher Subventionen Stahl unter den Herstellungskosten zu verkaufen. Der Branche machen seit Jahren allerdings nicht nur Billigimporte, sondern auch Überkapazitäten, Preisdruck und Klimaschutzauflagen der EU zu schaffen.

Verbandspräsident Kerkhoff bekräftigte die Produktionsprognose für 2016. Danach wird die Rohstahlproduktion in Deutschland um drei Prozent auf 41,5 Millionen Tonnen schrumpfen von 42,9 Millionen 2015. 2007 produzierte die Schwerindustrie hierzulande noch 48,3 Millionen Tonne.

Die Branche beschäftigt rund 90.000 Mitarbeiter und ist wichtiger Lieferant für die Automobil- und Bauindustrie sowie den Maschinenbau. Bei einem Zusammenbruch der Stahlbranche in Europa wären die Verarbeiter nahezu vollständig abhängig von Lieferanten aus China, Russland und der Ukraine, warnte Kerkhoff. Diese stellten schon jetzt zwei Drittel der Importe in die EU. (APA/Reuters, 16.2.2016)