Berlin – Nach der Entlassung des "Welt"-Redakteurs Günther Lachmann will Chefredakteur Stefan Aust dessen gesamte AfD-Berichterstattung unter die Lupe nehmen. Die Redaktion könne nichts anderes tun als die Vorgänge offenzulegen, schrieb Aust am Montag auf "Welt.de" an seine Leser. "Dazu gehört auch, Herrn Lachmanns Berichterstattung über die AfD nachträglich kritisch zu hinterfragen."

Die Tageszeitung hat sich von Lachmann getrennt, nachdem der nordrhein-westfälische AfD-Landesvorsitzende Marcus Pretzell den Vorwurf erhoben hatte, Lachmann habe sich der AfD als Berater angeboten. Pretzell behauptete außerdem, der Journalist habe – nachdem man sich nicht einig geworden sei – betont negativ über die AfD-Vorsitzende Frauke Petry berichtet.

Dazu schreibt Aust nun, Pretzell habe der "Welt" inzwischen Ablichtungen von E-Mails vorgelegt, in denen Lachmann der AfD-Führung tatsächlich Vorschläge für eine politische Strategie der Partei gemacht habe.

Für Honorarforderungen gebe es keine schriftlichen Belege, schreibt Aust. "Doch schon die E-Mails allein sind grobe Verstöße gegen fundamentale journalistische Grundsätze. Ein Journalist, der sich als PR-Berater einer Partei andient, hat seine Unabhängigkeit verloren, seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel gesetzt – und damit seinen Job." Lachmann hatte der Deutschen Presse-Agentur am Wochenende keine Stellungnahme geben wollen.

Die von ehemaligen AfD-Politikern gegründete Partei Alfa forderte am Montag Informationen über mögliche Kontakte zwischen Lachmann und dem rechten AfD-Flügel. Dass sich die Zeitung nun von dem Redakteur getrennt habe, lege der Verdacht nahe, "dass es eine gewisse Zusammenarbeit zu Lasten des liberalen Flügels der AfD über einen längeren Zeitraum gegeben hat", sagte der Alfa-Europaparlamentarier Hans-Olaf Henkel.

Henkel und andere Mitglieder des liberal-konservativen Flügels hatten die AfD 2015 verlassen. Zuvor waren sie im Machtkampf mit dem rechten Flügel unter Petry unterlegen. Pretzell ist Petrys Lebensgefährte. Er hatte ihre Kandidatur gegen Lucke auf dem Parteitag in Essen im vergangenen Juli unterstützt. (APA/dpa, 16.2.2016)