Wien – Die Idee war naheliegend: Jugendliche Flüchtlinge sollen gezielt in Bereiche mit offenen Lehrstellen vermittelt werden, lautete die Devise der Regierung im Herbst. Grundsätzlich dürfen seit Inkrafttreten eines entsprechenden Erlasses im Oktober nun schon Asylwerber (und nicht nur anerkannte Flüchtlinge) eine Lehre in allen Mangelberufen beginnen. Immer dann, wenn das AMS für eine bestimmte Stelle niemanden findet, könnte also ein junger Flüchtling (die Regelung gilt bis 25) zum Zug kommen.

Was in der Theorie gut klingt, ist in der Praxis aber nicht immer leicht umzusetzen. Zum einen wird die Liste der Mangelberufe immer kürzer, zum anderen werden in diesen Berufen von den Firmen oft gar keine Lehrlinge mehr ausgebildet. So ist beispielsweise derzeit keine einzige Lehrstelle als Dreher oder Fräser beim Arbeitsmarktservice gemeldet. Dachdeckerlehrstellen gibt es exakt elf in ganz Österreich, wobei es auch 22 vorgemerkte Lehrstellensuchende gibt.

In der Gastronomie werden durchaus Arbeitskräfte gesucht. Asylwerber ohne Deutschkenntnisse könne man allerdings nicht aufnehmen, meint Spartenobmann Mario Pulker.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

1250 offene Lehrstellen

Daher kommen für junge Flüchtlinge vor allem – wie schon vor dem neuen Erlass – die Branchen Hotellerie und Gastronomie infrage. Die Nachfrage nach Lehrlingen ist hier grundsätzlich groß. 1250 offene Lehrstellen in Fremdenverkehrsberufen sind beim AMS sofort verfügbar. Ihnen stehen 500 gemeldete Lehrstellensuchende gegenüber. Für einen späteren Zeitpunkt (viele Betriebe beginnen im Herbst mit der Ausbildung) sind sogar 1728 offene Lehrstellen gemeldet, denen nur 161 vorgemerkte Interessenten gegenüberstehen.

Trotz der großen Nachfrage hält sich die Zahl der Asylwerber in Gastronomie und Hotellerie aber weiterhin in Grenzen. Aktuell gibt es laut Sozialministerium lediglich 77 Asylwerber, die eine Ausbildung zum Koch oder zur Köchin machen, 18 werden als Kellner oder Kellnerin ausgebildet, elf machen eine Ausbildung im Handel. In allen anderen Lehrberufen gibt es weniger als fünf Asylwerber, wie diese Aufstellung zeigt:

Fehlende Deutschkenntnisse

Woran hakt es also? In erster Linie an den fehlenden Deutschkenntnissen, sagt der Obmann des Fachverbands Gastronomie in der Wirtschaftskammer, Mario Pulker. Das Sozialministerium habe deswegen vorgeschlagen, die Betriebe sollten Flüchtlinge im Rahmen einer Teilqualifizierung ausbilden. Diese Programme werden normalerweise Jugendlichen mit Lernschwierigkeiten angeboten. "Das ist aber mit den hohen Anforderungen und dem Dienstleistungsgedanken in der Gastronomie nicht vereinbar", sagt Pulker. Deshalb habe man das Begehren des Ministeriums klar abgelehnt.

Auch Michaela Reitterer, Spartenobfrau der Hotellerie, verweist darauf, dass Flüchtlinge in der Regel erst auf die Lehre vorbereitet werden müssten. In Wien macht das zum Beispiel der Verein Lobby16. Seit 2010 hat man 143 unbegleitete Flüchtlinge an Lehrstellen vermittelt, heuer sollen weitere 50 dazukommen. Was sich laut Geschäftsführerin Veronika Krainz vor allem verbessern muss: Die Verteilung auf die Bundesländer müsse früher erfolgen. Die offenen Lehrstellen sind häufig im Westen. Unbegleitete Flüchtlinge würden aber vor allem in Wien untergebracht. Je länger sie sich aber in der Bundeshauptstadt aufhalten und dort Kontakte knüpfen und Anschluss an eine Community finden, desto schwerer werde die Vermittlung in ein anderes Bundesland. (Günther Oswald, 16.2.2016)