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Liechtenstein ist wieder eine Option für Stifter.

Foto: Reuters/Wiegmann

Wien – In der Stiftungsszene ist viel Bewegung. Besser gesagt: war. Denn im Vorjahr wurde eine gesetzliche Verschärfung für Stiftungen vorgenommen, wenn diese ins Ausland abwandern wollen. Der Versuch, den Wegzug zu erschweren, ist offenbar nach hinten losgegangen, denn größere Stifter haben noch rechtzeitig Reißaus genommen. Die meisten zog es nach Liechtenstein, einige auch in die Schweiz.

Budgetäre Spuren

Die Entwicklung hat tiefe budgetäre Spuren hinterlassen. An Stiftungseingangssteuer flossen im Vorjahr 73 Millionen Euro ins Budget. Im Voranschlag waren Einnahmen von zehn Millionen geplant. Zur Erklärung: Unter den Titel Stiftungseingangssteuer fällt auch jene fünfprozentige Abgabe, die beim Wegzug nach Liechtenstein anfällt. Der Anstieg der Steuereinnahmen lässt auf einen Transfer von Milliardenvermögen schließen. Genaue Angaben gelten aber wegen der konservativen Bewertungen als spekulativ. Zudem werden Immobilienübertragungen mit der Grunderwerbsteuer belastet und fließen daher nicht in die Stiftungseingangssteuer ein. Das verschobene Vermögen dürfte jedenfalls viele Milliarden schwer sein, meinen gleich mehrere Experten.

Ausschlaggebend für die Entwicklung ist das Abgabenänderungsgesetz 2015, das Finanzminister Hans Jörg Schelling Mitte Oktober in die Begutachtung schickte und das die Aufdeckung der stillen Reserven beim Wegzug vorsieht. Die Gegenwehr war von Anfang an groß. Dass die höhere Besteuerung über sieben Jahre verteilt abbezahlt werden kann, änderte daran nichts. Die Industriellenvereinigung etwa sprach in ihrer Stellungnahme von einer "standortschädlichen Besteuerung eines Scheingewinns".

"Schotten dicht"

Seit Inkrafttreten der Bestimmung sind "die Schotten dicht", meint dazu Friedrich Fraberger, Steuerexperte bei der Beratungsgruppe KPMG. Seiner Einschätzung nach haben 20 bis 30 große Stiftungen noch rechtzeitig die Flucht ergriffen. Auch sein Kollege Christian Ludwig spricht von einer "Welle" an Übertragungen und meint, dass vor allem Familienbetriebe betroffen seien, weil sich hier die stillen Reserven über Generationen angesammelt hätten. Christoph Kraus vom Verband der Privatstiftungen erklärt, dass "wenige, aber dafür Große" weggezogen seien. Dem Vernehmen nach sollen u. a. Großaktionäre eines westösterreichischen börsennotierten Konzerns ihr Vermögen jetzt in Liechtenstein verwalten.

Dass überhaupt Liechtenstein wieder eine Option für Stifter ist, verdanken sie dem Steuerabkommen mit dem Fürstentum. Damit wurde auch die Wegzugbesteuerung von 25 auf fünf Prozent gesenkt. Seither gab es offenbar schon gewisse Tendenzen, in das Steuerparadies zu übersiedeln. Die Debatte über die Einführung von Vermögenssteuern habe die Bereitschaft erhöht, wie Kraus immer wieder gewarnt hat. Zuletzt gab es in Österreich rund 3300 Stiftungen mit einem geschätzten Vermögen von 80 bis 100 Milliarden Euro. (Andreas Schnauder, 17.2.2016)