Im Wiener Stadtentwicklungsgebiet Seestadt Aspern wohnen bald 6.000 Menschen. Im Endausbau sollen es 20.000 sein. Wegen des enormen Zuzugs muss die Stadt die Schaffung von Wohnraum massiv beschleunigen.

Foto: Christian Fischer

Wien – Wiener Neustadt ist die elftgrößte Stadt Österreichs und hat 43.900 Einwohner. Um fast exakt diese Größenordnung – nämlich um 43.200 – ist die Einwohnerzahl Wiens allein im Vorjahr gewachsen. 2014 kamen 33.000 neue Bewohner nach Wien. Dieser enorme Druck zwingt die rot-grüne Stadtregierung zum Handeln und dazu, bisherige Prognosen zu überdenken.

Am Mittwoch kündigte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) an, die Neubauleistung von Wohnungen um gleich 30 Prozent zu erhöhen. Konkret sollen ab 2017 jährlich 13.000 Wohneinheiten statt aktuell knapp 10.000 pro Jahr "in die Realisierung gehen". Bei einer durchschnittlichen reinen Bauzeit von zwei Jahren wäre damit also ab 2018 mit der Übergabe von 13.000 Wohnungen pro Jahr zu rechnen.

Ludwig plant, die Neubauleistung im geförderten Bereich von knapp mehr als 7.000 Wohnungen auf 9.000 anzuheben. Bei den frei finanzierten Einheiten soll demnach eine Steigerung von aktuell rund 2.500 Wohneinheiten auf 4.000 erwirkt werden. "Dabei wird in Wien schon jetzt mehr als in fast jeder anderen europäischen Großstadt gebaut", sagte Ludwig. Um diese Wohnbauoffensive umzusetzen, sollen vorerst primär Grundstücke im Eigentum der Stadt herangezogen werden.

Stadtflächen auf Wohnbau umwidmen

Ludwig will prüfen lassen, ob man diese Flächen, die auch andere Stadtratsbüros zur Verfügung stellen müssten, nicht doch auch auf Wohnbau umwidmen könne. Die Zeitspanne zwischen Bauträgerwettbewerb und Wohnungsübergabe soll zudem um vier Monate auf maximal 32 Monate verkürzt werden. Ludwig drängt auch auf eine Beschleunigung der Widmungsverfahren: So sollen künftig fachjurierte Wohnhausprojekte nicht mehr dem Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung vorgelegt werden müssen. Das ist jenes Gremium, das im Vorjahr das von der SPÖ forcierte und von den Grünen bekämpfte Lokalprojekt "Sky & Sand" mit 800 Sitzplätzen auf einer Wiese am Donaukanal abgelehnt hatte.

Der Wohnbauförderungsbeirat soll ganz entfallen. Ludwig mit einem Seitenhieb auf die Grünen: "Ich lade auch das Planungsressort ein, darüber nachzudenken, wo man einsparen kann."

4000 statt 2000 Gemeindewohnungen bis 2020

Die Anzahl der neuen Gemeindewohnungen will Ludwig von den im rot-grünen Koalitionspakt angepeilten 2.000 Einheiten bis 2020 auf 4.000 verdoppeln. Geht eine Novelle bei der temporären Wohnnutzung durch, sollen auch 1.000 Wohnungen in Holzbauweise im Umfeld von Bahntrassen oder auf Betriebsbaugebiet entstehen. Als Wohnform speziell für Asylberechtigte seien die auch wieder abbaubaren Gebäude nicht gedacht, sagte Ludwig. In den nächsten Monaten werde man die Orte der ersten temporären Holzbauten verkünden können. An der Erstellung einer Liste werde aktuell gearbeitet.

Als kostendämpfende Maßnahme könnte laut Ludwig in der Bauordnung die Stellplatzverpflichtung gelockert werden, wonach pro 100 Quadratmeter Wohnfläche ein Parkplatz errichtet werden muss. Die Wohnbauoffensive werde finanziell eine "große Anstrengung für die Stadt bedeuten", sagte Ludwig.

Keine Details zu Kosten der Wohnbauoffensive

Die Mehrkosten konnte Ludwig auf Nachfrage des STANDARD "nicht quantifizieren". Wien hofft einerseits auf zusätzliche Zahlungen des Bundes durch den Finanzausgleich. Die Verhandlungen laufen gerade. Andererseits drängt Wien darauf, infrastrukturelle Leistungen aus dem Stabilitätspakt herauszunehmen. Wie berichtet ist durch den Stabi-Pakt ab 2016 eine Nullneuverschuldung vorgesehen. Davon ist Wien aktuell weit entfernt. (David Krutzler, 17.2.2016)